Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1850 I 131.jpg

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schnarchten dabei, daß sich die Äste auf und nieder bogen. Das Schneiderlein, nicht faul, las beide Taschen voll Steine und stieg damit auf den Baum. Als es in der Mitte war, rutschte es auf einem Ast bis es gerade über die Schläfer zu sitzen kam, und ließ dem einen Riesen einen Stein nach dem andern auf die Brust fallen. Der Riese spürte lange nichts, bis er endlich aufwachte, seinen Gesellen anstieß und sprach „was schlägst du mich.“ „Du träumst,“ sagte der andere, „ich schlage dich nicht.“ Sie legten sich wieder zum Schlaf, da warf der Schneider auf den zweiten einen Stein herab. „Was soll das?“ rief der andere, „warum wirfst du mich?“ „Ich werfe dich nicht, du mußt träumen,“ antwortete der erste. Sie zankten sich eine Weile herum, doch weil sie müde waren, ließen sies gut sein, und die Augen fielen ihnen wieder zu. Das Schneiderlein fieng sein Spiel von neuem an, suchte den dicksten Stein aus und warf ihn dem ersten Riesen mit aller Gewalt auf die Brust. „Das ist zu arg!“ schrie er, sprang wie ein Unsinniger auf und fiel über seinen Gesellen her: dieser zahlte mit gleicher Münze, und sie geriethen in solche Wuth, daß sie Bäume ausrissen und auf einander los schlugen, und ließen nicht eher ab als bis sie beide todt auf der Erde lagen. Nun sprang das Schneiderlein herab. „Ein Glück nur,“ sprach es, „daß sie den Baum, auf dem ich saß, nicht ausgerissen haben, sonst hätt ich wie ein Eichhörnchen auf einen andern springen müssen: doch unser einer ist flüchtig!“ Es zog sein Schwert und versetzte jedem ein paar tüchtige Hiebe in die Brust, dann gieng es hinaus zu den Reitern und sprach „die Arbeit ist gethan, ich habe beiden den Garaus gemacht: aber hart ist es

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1850). Göttingen 1850, Seite 131. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1850_I_131.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)