Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1856 III 065.jpg

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Bei Hans Sachs (5. 3, 89 Kempt. Ausg.) der Schneider mit dem Panier. Das Märchen dauert aber noch immer im Volk, und Möser erwähnt es in seinen vermischten Schriften 2, 332 u. 2. 235. Jan im Himmel in Wolfs deutschen Sagen und Märchen Nr. 16. Eine schwäbische Erzählung bei Ernst Meier Nr. 35. Der Stuhl des Herrn, von dem man die ganze Welt überschaut, erinnert merkwürdig an Odins Sitz, Namens Hlidsciálf, von dem er alles sah, was auf Erden vorgieng, und auf den sich zuweilen andere setzten, wie namentlich die Edda von Freyr erzählt. Daß sich der Schneider eigentlich in feindlicher Gesinnung in den Himmel eindrängt, ist in Wolf Zeitschrift für deutsche Mythologie 2, 2 gezeigt.

der nû den himel hât irkorn
der geiselet uns bî unser habe,
ich fürhte sêre und wird im zorn,
den flegel wirft er uns her abe.

 Altmeistergesangb. 3a.


36.
Tischchendeckdich, Goldesel und Knüppel aus dem Sack.

Aus Hessen. Eine andere Erzählung ebendaher leitet folgendergestalt ein, ein Schneider hatte drei Söhne, die schickte er nacheinander in die Welt, sie sollten sich umsehen und was rechtschaffenes lernen. Damit sie nicht leer ausgiengen, bekam jeder einen Pfannkuchen und einen Heller mit auf den Weg. Der älteste zog zuerst aus, kam zu einem Herrlein, das zwar in einer Nußschale wohnte, aber gewaltig reich war. Der Schneider soll ihm für eine gute Belohnung seine Herde am Berge hüten und weiden; nur dürfe er, sprach es, nicht in ein Haus gehen, das am Fuße des Bergs stehe und woraus lustige Tanzmusik erschalle. Der Schneider hütet eine zeitlang die Herde ordentlich, läßt sich aber doch am Ende verführen in das verbotene Haus zu gehen. Nun schickt ihn der Herr fort, gibt ihm aber, weil er sonst sich gut gehalten, ein Tischchendeckdich. Damit macht er sich heim, es wird ihm aber unterwegs vertauscht; er hat also seinen Pfannkuchen verzehrt und seinen Heller ausgegeben

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 3 (1856). Dieterich, Göttingen 1856, Seite 65. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1856_III_065.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)