Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1856 III 098.jpg

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Fliehenden die zu ihrer Rettung immer eine andere Gestalt annehmen, vergl. die Eyrbiggiasaga c. 20, wo Katla immer ihren Sohn verwandelt, um ihn zu schützen.


57.
Der goldene Vogel.

Aus Hessen; doch wird dieses Märchen hier und im Paderbörnischen auch häufig, wo nicht besser doch älter, mit folgendem Eingang erzählt, ein König war krank (nach andern blind) geworden, und nichts in der Welt vermochte ihn zu heilen, bis er einstmals hörte (oder es ihm träumte) daß weit davon der Vogel Phönix wäre, durch dessen Pfeifen (oder Gesang) er allein genesen könne. Nun machen sich die Söhne nach einander auf, und nur in der Menge der verschiedenen Aufgaben die der dritte Sohn zu bestehen hat, weichen die verschiedenen Erzählungen ab. Das nothwendige Pfeifen des Phönix ist hier allerdings besser begründet. Einmal wird auch erzählt daß der Fuchs, nachdem er den Schuß zuletzt empfangen, ganz verschwindet und nicht zu einem Menschen wird. Das Stürzen in den Brunnen (wofür auch ein Steinbruch vorkommt) ist mit der Sage von Joseph, die Befreiung daraus durch den Fuchs mit der von Aristomenes (nach Pausanias), von Sindbad (nach 1001 Nacht), und Gog und Magog (nach Montevilla) merkwürdig verwandt. Die Warnung kein Galgenfleisch zu kaufen ist auch in der Lehre des Ritters vom Thurn enthalten, „zum dritten soltu keinen Dieb oder einen andern Übelthäter vom Tod bitten“ Agricola Sprichwörter (Wittenb. 1582) 97. Nach andern Erzählungen in den Erfurter Kindermärchen S. 94–150, in Wolfs Hausmärchen S. 230–242, und bei Meier Nr. 5. Abgeschwächt in den meisten Zügen und in anderer Verbindung bei Zingerle S. 157. Im Norden ist es aber schon früh bekannt gewesen und ohne Zweifel auch in andern Theilen Europas. In einer französischen Sammlung, im Anfang des 18ten Jahrh. geschrieben und in dem Cabinet des fées Bd. 31 (s. unten) wieder abgedruckt, ist das erste Märchen la petite grenouille verte sichtbar verwandt. Slavonisch die Hexe Corva bei Vogl Nr. 1, womit Troldhelene bei Molbech Nr. 72 zu vergleichen ist. Walachisch bei Schott Nr. 26. Aus der Bukowina von Staufe in Wolfs Zeitschrift 2, 389. Wahrscheinlich wird es auch in Polen erzählt (s. unten).

Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 3 (1856). Dieterich, Göttingen 1856, Seite 98. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1856_III_098.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)