Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1856 III 121.jpg

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Aus ähnlichen und zum Theil denselben Sagen besteht ein Volksbuch „Historie des pommerschen Fräuleins Kunigunde“, welche nach vielen wunderlichen Begebenheiten eine Königin geworden (Neue verbess. Aufl. Elbing 1804). Kunigunde hat auch sieben Diener, Marksbein, so stark daß er in einer Stunde eine Menge Bäume im Wald fällt und sie auch noch wegtragen will: Vogelschnell der sich die Beine mit Bändern so eng spannt daß er nur kleine Schritte machen kann, sonst würde er Hirsche und Hasen überspringen und nichts erlangen: Scharfschütz der sich die Augen verbunden hat, weil er zu hell und das Wildpret vier Meilen weit sieht, so daß er auf einen Schuß mehr trifft, als er will, und das ganze Land leicht von Wild entblößen könnte: Feinohr der Gras und Kraut wachsen hört (Heimdallr hört das Gras auf der Erde und die Wolle auf den Schafen wachsen Snorra Edda S. 30): Blasius der, wenn er nur ein wenig bläst, funfzig Windmühlen treiben kann: Saufaus der einen Teich austrinkt: endlich Vielfraß der viel tausend Brote wegessen kann. Mit diesen sieben Dienern besteht Kunegunde, als Mann verkleidet, mancherlei Abenteuer. Sie bindet einen Drachen, indem Saufaus den Teich woraus jener seinen Durst löscht, austrinkt und Wein hineingießt, wovon das Unthier trunken wird. Danach gewinnt sie einem reichen Kaiser seine Schätze ab, indem einer von den siebenen die jedesmal gemachte Bedingung erfüllt. Vielfraß ißt sechs Haufen Brots, Saufaus trinkt alles Brunnen- und Röhrwasser der Stadt. Auch ein Wettlauf, wie hier, kommt vor. Vogelschnell wird von einem starken Trank betäubt und schläft ein, als er laufen soll. Der Gegentheil hat sich schon dem Ziel genähert, da horcht Feinohr und hört den Schlafenden zwei Meilen davon schnarchen: nun schießt Scharfschütz ihm einen Pfeil ins Ohrläppchen, davon erwacht er, besinnt sich, rafft sich schnell auf und springt so daß er, den Pfeil noch im Ohr, zuerst am Ziel anlangt. Marksbein trägt die gewonnenen Schätze fort: sie kommen zu einem Fluß, über den sie nicht setzen können, weil es an Fahrzeugen fehlt, doch Saufaus trinkt ihn weg. Die feindliche Reiterei verfolgt sie, aber Blasius erregt einen Sturm, so daß alle Kähne versinken und kein Mann übrig bleibt. Die Diener streiten sich hernach, jeder will das Beste gethan haben, Kunegunde beruhigt sie. Verflochten ist das Ganze in eine Liebesgeschichte. Kunegunde dient, als Mann verkleidet und Felix geheißen, dem König von Polen. Ein Zauberer

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 3 (1856). Dieterich, Göttingen 1856, Seite 121. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1856_III_121.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)