Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1856 III 142.jpg

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bis an den jüngsten Tag währende Elend“, wie es scheint aus folgendem französischen übersetzt, Histoire nouvelle et divertissement du bon homme Misère (Troyes. chez Garnier). Wiederum aber deuten manche Umstände auf einen italienischen Ursprung des letzteren, oder wenigstens hat sie de la Rivière in Italien erzählen gehört. Die Apostel Peter und Paul gerathen bei schlimmem Wetter in ein Dorf, stoßen auf eine Wäscherin, die dem Himmel dankt daß der Regen kein Wein sondern Wasser sei, klopfen bei dem reichen Mann an, der sie stolz abweist, und kehren zu dem armen Elend ein. Dieser thut nur den einen Wunsch mit dem Birnbaum, den ihm gerade ein Dieb bestohlen hatte. Der Dieb wird gefangen und sogar noch andere Leute, die aus Neugierde aufsteigen, um den Jammernden zu befreien. Endlich kommt der Tod, und Elend bittet ihn daß er ihm seine Sichel leihe, um sich noch eine der schönsten Birnen mitzunehmen. Der Tod will als ein guter Soldat seine Waffen nicht aus der Hand lassen und die Mühe selbst übernehmen. Elend befreit ihn nicht eher als bis er ihm zusagt er wolle ihn bis zum jüngsten Tag in Ruhe lassen, und darum wohnt Elend noch immer fort in der Welt. Ein Bruchstück aus einem Märchen der Maingegenden kann hier angeführt werden, weil es in gleichem Geiste ist. Der Teufel kommt und will einen der sich ihm verschrieben und dessen Zeit herum ist, abholen; er bringt zugleich eine Menge mit alten Schuhen geladener Wagen herbei. „Was soll das?“ fragt der Mensch. „So viel Schuhe haben meine Geister in deinem Dienst zerrissen, jetzt aber bist du mein“ antwortet der Teufel. Aber der Mensch verlangt die Handschrift zu sehen, um sie selbst anzuerkennen, der Teufel tritt näher, sie zu zeigen, da fährt jener schnell mit dem Munde herzu, beißt hinein und verschluckt sie; dadurch wird er frei. Endlich ist noch zu bemerken, daß Coreb und Fabel in dem lustigen Teufel von Edmonton (Tieck altengl. Theater 2) offenbar die Personen unseres Märchens sind.

Hier ist ein recht vollständiges Beispiel von der Ausbreitung und lebendigen Mannigfaltigkeit einer Sage. An dem Alter darf man nicht zweifeln und denkt man sich unter dem Schmied mit seinem Hammer den Gott Thor, unter dem Tod und Teufel einen plumpen ungefügen Riesen, so gewinnt das Ganze eine wohlgegründete altnordische Ansicht. Auch bei den Griechen finden sich Hinweisungen darauf, der listige Schmied ist auch der listige Sisyphus einer Sage,

Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 3 (1856). Dieterich, Göttingen 1856, Seite 142. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1856_III_142.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)