Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1856 III 153.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

und es will nicht essen, wenn sie ihm nicht vorlegt; so gewinnt sie es allmälig recht lieb. Einmal wünscht sie zu wissen wie es daheim ihrem Vater und ihren Schwestern gehe. Das Thier führt sie vor einen Spiegel, da erblickt sie ihren Vater wie er krank liegt aus Kummer über sie, und ihre Schwestern die weinen. Das Herz wird ihr schwer und sie bittet das Thier nach Haus gehen zu dürfen. „Ja“, sagt es, „doch versprich mir in acht Tagen wieder hier zu sein“. Das thut sie und eilt heim zu ihrem Vater, aber der Kummer hatte schon zu sehr an seinem Herzen gefressen, so daß er, nachdem er noch die Freude gehabt sie zu sehen, stirbt. Da trauert sie und weint, und als sie an das Thier denkt, sind längst acht Tage herum. Sie eilt ängstlich hin, wie sie ankommt ist alles verändert, die Musik still, das Schloß ganz mit schwarzem Flor behängt und der Sommergarten von Schnee bedeckt. Das Thier selbst ist fort, sie sucht es aller Orten, aber sie kann es nicht finden. Voll Leid darüber geht sie in den Garten und sieht einen Haufen Kohlhäupter, die sind schon alt und faul. Sie legt sie herum und wie sie ein paar umgedreht hat, sieht sie ihr liebes Thier unten wie todt liegen. Sie lauft, schöpft Wasser und gießt das über es hin, da erholt es sich, springt auf und verliert seine alte Gestalt, so daß ein schöner Königssohn vor ihr steht. Nun ist alles in Freuden, der schwarze Flor wird abgerissen, die Musikanten spielen, der Sommergarten blüht wieder, und beide feiern ihre Hochzeit. Eine dritte Erzählung ist aus dem Hanöverischen. Eines Königs drei Töchter werden krank und um zu genesen, sollen sie Wildpret essen. Der Jäger wird in den Wald geschickt, kann aber nirgend ein Stück finden. Da sieht er zuletzt einen Raben, und weil er denkt „das ist auch Wildpret“, legt er an, der Rabe aber ruft „Jäger, schieß nicht, denn wo du mir eine von den Königstöchtern versprichst, will ich dir Wild verschaffen, so viel du verlangst“. Der Jäger geht und meldet es dem Könige, der spricht „du kannst’s dem Raben immer versprechen, gehalten brauchts doch nicht zu werden“. Der Jäger verspricht also dem Raben die Königstochter, der ihm Wild herbeijagt, so viel er schießen will. Die drei Königstöchter essen davon und werden gesund. Es wird ein großes Fest angestellt. Abends, wie ein Fenster offen ist, kommt der Rabe herein und verlangt die versprochene Braut. Der König will sie nicht geben, doch sagt er endlich „ich will meine Töchter fragen ob eine Lust hat deine Frau zu werden“. Die älteste und die zweite

Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 3 (1856). Dieterich, Göttingen 1856, Seite 153. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1856_III_153.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)