Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1856 III 157.jpg

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und der gezwungene Eid drückt sie nieder: aber noch weiß sie windbannende Zaubersprüche und mit stolzdemüthigen Gedanken wird sie jeden Morgen unter dem finstern Thor durch das Gespräch mit dem auch im Tod treu bleibenden Pferde erfüllt. Redende kluge Rosse kommen sonst noch vor (vergl. Ferenand getrü Nr. 126); in dem abgehauenen Kopf (wie in Mimers) wohnt die Sprache fort. Selbst aus dem Tacitus (Germ. 10) läßt sich schon anführen proprium gentis equorum praesagia ac monitus experiri – hinnitus ac fremitus observant. Es ist merkwürdig, daß die alten Norden von geopferten Pferden die Häupter aufzustecken pflegten, womit man den Feinden schaden zu können glaubte (Saxo Gramm. 5, 75; vergl. Suhms Fabelzeit 1, 317). Bei den Wenden herrschte ähnlicher Gebrauch, man wollte mit den aufgesteckten Häuptern Seuchen abhalten (Prätorius Weltbeschr. 2, 163). Bekannt ist auch daß man Menschenköpfe auf die Zinnen oder Stangen steckte (Haupts Zeitschrift 3, 51 Anmerk.); ein Todtenkopf der singt in der Eyrbyggia Sage 219. Ausgebreitet ist der Zug von den goldenen und silbernen Haaren der Schönheit, ein Zeichen königlicher Abkunft (Nr. 114); so auch das Kämmen derselben, wie sich die Sonne gleichsam beim Scheinen strählt. Die unglücklichen Königstöchter kämmen und spinnen eben so häufig als sie Vieh hüten. Kürdchen kann aus Conrädchen zusammengezogen sein, aber auch an Hirt, Chorder, Horder erinnern. In den Reimen ist etwas abgebrochenes, in gangest, statt gehest, ganz das nordische ganga (wie hangest für hähest); man hört auch

o Folle (Fohlen), da du hangest,
o schönes Mädchen, da du gangest,
wüßte das die Mutter dein,
ihr Herz zersprang zu Stock und Stein.

Sich schnatzen, von den Haaren gesagt, heißt sie flechten (zu der nordischen Form snua, wenden, winden, schnüren), so ist auch Schnatz das geflochtene Haar, die Braut geht im Schnatz zur Kirche (s. in Estor’s teutscher Rechtsgelahrth. von Hofmann Thl. 3 das oberhessische Wörterbuch, und Schaum braunfelsische Alterthümer S. 45; in der Wetterau wird das Wort überhaupt vom Sonntagsputz gebraucht). Sich aufsetzen und Aufsatz wird gleichfalls vom Schmücken und Ordnen des Haars gesagt. Räthsel gebrauchte die

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 3 (1856). Dieterich, Göttingen 1856, Seite 157. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1856_III_157.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)