Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1856 III 159.jpg

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beschreiben, eine Eisenstange ist seine Waffe, und er versucht die Kraft am Ausreißen der Bäume (s. Anmerk. zu den altdän. Liedern S. 493). Ein russisches Lied in Fürst Wladimirs Tafelrunde zeigt in Tschurilo einen ähnlichen Helden (s. unten), und im persischen neigt sich Guschtasp dahin (Firdusi von Görres 2, 246 ff.). Auch Rustem reißt einen Baum aus der Wurzel und trägt ihn als Stock (das. 1, 186). Das unschädliche Herabwerfen der Mühlsteine erinnert lebhaft an Thors Abenteuer mit Skrimnir (Dämis. 38), wie diese wieder an die böhmische Sage vom Riesen Scharmack. Die Erziehung bei Riesen ist gleichfalls ein alter bedeutender Umstand: bei diesen oder bei kunstreichen Zwergen wurden die Helden in die Lehre gethan, wie Sigurd bei Reigin und Widga (Wittich) in der Wilk. S. Ebenso ist es ein alter Zug daß der Riese den Jungen selber säugt, was auch in Nr. 92 vorkommt. In der Floamanna Sage wird erzählt daß Thorgil um sein zartes Kind, dessen Mutter ermordet war, zu ernähren, sich in die Brustwarzen schneiden ließ. Zuerst kam Blut, dann Molken, endlich Milch, womit das Kind gesäugt wurde (s. dänische Übersetzung von B. Thorlacius S. 94). Von einem Manne der sein Kind selbst gesäugt hat mit Milch s. Humboldt relation historique 3, c. 4. Siegfried und der Eulenspiegel berühren und nähern sich einander, welches unser Märchen vollkommen zur Gewisheit erhebt, und man darf den jungen Helden darin so gut einen edleren Rieseneulenspiegel als einen spaßhafteren gehörnten Siegfried nennen (ähnliche Helden sind Simson und Morolf und vor allen Gargantua nach den ächten Volkssagen von ihm; s. Mémoires de l’acad. celtique 5, 392). Beide Eulenspiegel und Siegfried wandern in die Welt aus, nehmen Dienste und mishandeln in ihrem Übermuth die bloß menschlichen Handwerker; namentlich ist wichtig daß Eulenspiegel dem Schmied sein Geräth verdirbt und als Küchenknecht bei den Braten gestellt wird, den er abißt wie Sigurd das Drachenherz das er dem Reigen braten soll; er geht auf den Harz, fängt Wölfe, um die Leute damit zu schrecken, wie Siegfried den Bären (Nibel. 888–89). Schon in der Sprache ist der Diener ein Schalk, und der Hofdiener fällt mit dem Hofnarren zusammen. Soini, der finnische Rieseneulenspiegel hieß gerade auch Kalkki (Diener). Drei Nächte alt, trat er sein Windelband auf und man sah daß ihm nicht zu trauen war, also wurde er ausgeboten. Ein Schmied nahm ihn in seinen Dienst, dem sollte er sein Kind hüten,

Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 3 (1856). Dieterich, Göttingen 1856, Seite 159. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1856_III_159.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)