Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1856 III 167.jpg

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ihm, daß ihm alle Glieder knacken und brechen, und wie sie aufhören sagen sie „Morgen, wenn du noch da bist, sollst du in Öl gesotten werden“. Aber er hat doch keine Furcht, und der gute Geist kommt und heilt ihn wieder. In der dritten Nacht machen die Gespenster ein großes Feuer an, setzen einen Kessel mit Öl darüber und sagen „wenn das siedet, so werfen wir dich hinein“. Und über ein Weilchen, als es zwölf schlägt, sagen sie „jetzt ists Zeit!“ fassen ihn und werfen ihn nach dem Kessel, aber er fällt neben hin und aller Spuk ist vorbei. Es steht aber eine nackte Jungfrau neben ihm, die dankt ihm und sagt „ich bin eine Königstochter, du hast mich erlöst und sollst mein Gemahl werden“. Da reist er fort, sie aber läßt sich überreden und verlobt sich mit einem andern, der eines Königs Sohn ist. Der junge Fischer begegnet auf dem Weg zweien, die schlagen sich um einen Stiefel, wenn man den anzieht, macht man hundert Stunden mit einem Schritt. Da sagt er zu ihnen „den Streit will ich brechen, stellt euch gegeneinander, wem ich den Stiefel zuwerfe, der soll ihn haben“. Sie drehen sich um, er aber zieht den Stiefel an, thut einen Schritt, und ist hundert Stunden von ihnen weg. Eben so erwirbt er einen unsichtbar machenden Mantel. Nun zieht er fort und kommt in die Stadt, wo die Königstochter eben ihre Hochzeit feiern will. Er geht mit seinem Mantel in das Zimmer und stellt sich hinter sie, niemand kann ihn aber sehen. Und wie sie essen will, hält er ihr die Hand, da erschrickt sie, blickt sich um, und er streift den Mantel ein wenig vom Kopf, so daß sie ihn erkennen kann. Da geht sie mit ihm hinaus, und er räth ihr dem Königssohn zu sagen wenn man den alten Schlüssel wieder gefunden, bedürfe man des neuen nicht. Wegen der Theilung der Wundersachen vergleiche das Märchen von den zertanzten Schuhen Nr. 133 nach der in der Anmerkung mitgetheilten paderbörnischen Erzählung, wo Löwe und Fuchs sich um solch einen Mantel und Stiefel streiten, ferner in der Erfurter Sammlung das Goldei, wo sich dreie in einen Wunschmantel nicht zu theilen wissen. Zank der Riesen über den Besitz von Mantel, Stiefel und Schwert auch in einem schwedischen Märchen bei Cavallius S. 182. Bei Pröhle Kinderm. Nr. 22 streiten zwei um einen Reisesattel, der jeden durch die Luft trägt. Noch merkwürdiger aber ist die Übereinstimmung mit einem tartarischen Märchen, das in den Relations of Ssidi Kur vorkommt, auch im Quarterly review 1819. 41, 106 mitgetheilt ist. Der Sohn des Chans

Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 3 (1856). Dieterich, Göttingen 1856, Seite 167. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1856_III_167.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)