Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1856 III 178.jpg

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alles was geschehen würde und was er zu thun hätte. Er kommt in eine prächtige Stube, darin liegt eine schöne Königstochter und schläft, darauf in eine andere noch prächtigere, darin schläft auch eine schöne Jungfrau, endlich in die dritte, die prächtigste, darin liegt die allerschönste und schläft. Da schreibt er auf ein Blatt seinen Namen und Tag und Jahr und legt sich dann zu ihr ins Bett, und als er wieder aufwacht, nimmt er drei Schlüssel unter ihrem Kopfkissen und geht in den Keller hinab und füllt drei Flaschen mit dem Wasser. Nun steigt er eilig hinauf, und wie er zum Thor hinaus ist, so schlägts zwölf Uhr und das Schloß verschwindet. Der Nordwind, der auf ihn gelauert hat, trägt ihn zurück zum alten Fuchs, und dieser wieder zu seinem Pferd bei dem ersten Riesen. Nun reitet der Königssohn in die Stadt und will die Diebe sehen aufhängen, da erkennt er seine Brüder und kauft sie los. Jetzt folgt übereinstimmend der Verrath der Brüder. Die Königstochter schreibt einen Brief und verlangt den zum Gemahl welcher bei ihr gewesen sei. Die beiden andern melden sich nach einander, aber sie merkt an ihren Reden daß sie die rechten nicht sind. Der jüngste wird nochmals von ihr gefordert, und es kommt an den Tag daß er noch lebt. Er geht in den Lumpen die er hat tragen müssen, zu der schönen Königstochter, die ein Söhnlein geboren hat und ihn mit Freuden empfängt.

Die Verwandtschaft mit unserm vorigen Märchen Nr. 96, wie mit Nr. 57, mit dem arabischen und italienischen fällt sogleich in die Augen: am reinsten ist die Sage hier in dem Umstand, daß Lebenswasser gesucht wird, um einen alten kranken König zu heilen. Im trojanischen Krieg Konrads von Würzburg gebraucht Medea um den Vater des Jason zu verjüngen, Wasser aus dem Paradies (V. 10651) lieht von golde rôt (10658); darin kocht sie den Zaubertrank. Zu Stein werden, ist in der paderbörnischen wie in der arabischen Erzählung Strafe dessen der nicht siegt. Im plattdeutschen kommt es eigentlich nicht vor, doch der schwarze Hund (denn es sind schwarze Steine in der 1001 Nacht), nach welchem man sich ebenfalls nicht umsehen darf, deutet offenbar darauf; er wird auch hernach in einen schönen Prinzen, wie jene Steine verwandelt. Zugleich gibt dieses zu Stein werden, wozu in der 1001 Nacht kommt daß die Brüder ihrer Schwester ein Zeichen zurücklassen, namentlich der älteste ein Messer, das bei seinem Leben glänzend, bei seinem Tod sich blutig zeigen wird, eine unleugbare Grundähnlichkeit und Verbindung mit Nr. 60. Hierher gehört

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 3 (1856). Dieterich, Göttingen 1856, Seite 178. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1856_III_178.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)