Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1856 III 180.jpg

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(1817 S. 231) erzählt. Paracelsus geht einmal im Wald, als er seinen Namen rufen hört: die Stimme kommt aus einer Tanne, in welche der Teufel durch ein kleines Zäpflein mit drei Kreuzen eingekerkert ist. Paracelsus verspricht zu befreien, wenn er ihm eine Arznei verschaffe die alle Kranken heile, und eine Tinctur die alles in Gold verwandele. Der Teufel sagt ihm das zu, Paracelsus nimmt das Federmesser, faßt damit das Zäpflein und bringt es mit Mühe heraus. Eine häßliche schwarze Spinne kriecht hervor, die am Stamm hinunterlauft; aber kaum berührt sie den Boden, so verschwindet sie, und es richtet sich, wie aus der Erde steigend, ein langer hagerer Mann auf mit schielenden rothen Augen in rothem Mantel. Er führt den Doctor auf einen hohen, überragenden Felsen und mit einer Haselruthe die er unterwegs abgebrochen, schlägt er gegen das Gestein. Der Fels spaltet sich krachend in zwei Stücke und der Teufel verschwindet, bald tritt er wieder hervor und reicht dem Paracelsus zwei kleine Gläser, das gelbe enthielt die Goldtinctur, das weiße die Arznei. Dann schlägt er abermals an den Felsen, worauf dieser sich augenblicklich wieder zusammenschließt. Sie gehen nun beide zurück, der Teufel will gen Inspruck, den der ihn gebannt hatte, zu holen. Paracelsus hat Mitleiden mit dem Banner und denkt ihn zu retten. Wie sie wieder zu der Tanne gelangen, rühmt er den Teufel, daß es ihm möglich gewesen sich in eine Spinne zusammenzuziehen. Der Teufel spricht „ich will vor deinen Augen das Kunststück freiwillig machen“, verschwindet und kriecht als Spinne in das bekannte Löchlein hinein. Blitzschnell drückt der Doctor das Zäpflein, das er noch in Händen behalten, wieder drauf, schlägt es mit einem Stein fest und kritzt mit seinem Messer drei frische Kreuze darüber. Wüthend schüttelte der Teufel die Tanne wie ein Sturmwind, daß die Zapfen haufenweis auf Paracelsus herabprasseln, aber die Wuth ist umsonst; er steckt fest und hat wenig Hoffnung loszukommen, denn der Wald darf wegen der Schneelawinen nicht abgehauen werden, und ob schon er Tag und Nacht ruft, so wagt sich doch eben deshalb niemand in diese Gegend. Paracelsus fand die Fläschchen bewährt, und ward dadurch ein berühmter und angesehener Mann. Beim Fischer (Nr. 19) ward schon die Übereinstimmung unseres Märchens mit einer Erzählung der 1001 Nacht (1, 107) bemerkt, hier ist sie von einer andern Seite noch deutlicher und der lebendige Zusammenhang beider

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 3 (1856). Dieterich, Göttingen 1856, Seite 180. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1856_III_180.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)