Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1856 III 216.jpg

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Schuhe herbei trägt und die Jungfrau gerade nicht in ihrer Kammer ist, denkt er „du mußt herausbringen wie die Schuhe zerrissen werden“ und legt sich unter ihr Bett. Nachts elf Uhr öffnet sich die Fallthüre, es kommen elf Königstöchter herauf, die küssen sich einander, thun die neuen Schuhe an und steigen dann zusammen hinab. Der Gesell der sich unsichtbar machen kann, geht nach: sie kommen an ein Wasser, wo sie ein Schiffer in seinen Kahn nimmt. Dieser klagt daß das Schiff schwerer sei „ach“ sagen die zwölf Jungfrauen, „wir haben doch nichts mitgenommen, kein Tuch, kein Päckchen“. Sie landen und gehen in zwölf verschiedene Gärten, jeder gehört einer davon; sie brechen die schönsten Blumen und schmücken sich damit. Nun gehen sie zu einem Schloß, wo zwölf Königssöhne sie empfangen und mit ihnen tanzen; alle sind lustig, nur eine nicht, die ist leidmüthig (es ist als habe sie den schönen Schusterbuben gesehen und sich in ihn verliebt). Sie kehren wieder zurück, weil die Schuhe durchgetanzt sind. Oben werfen sie die zwölf Paar zum Fenster hinaus, wo schon ein ganzer Haufen Schuhe liegt. Der Gesell schleicht sich fort, am andern Morgen kommt der Meister und will der Königstochter die neuen Schuhe anmessen, sie liegt aber noch im Bett und heißt ihn wiederkommen. Als er wiederkommt, sagt sie sie wolle keine Schuhe mehr, sie brauche nur ein Paar, das solle er ihr durch seinen jüngsten Gesellen schicken. Der aber sagt „ich gehe nicht, erst ist die Reihe am ältesten.“ Dieser putzt sich und geht hin, sie will ihn aber nicht sondern den jüngsten. Der spricht wieder „ich gehe nicht eher als bis es an mich kommt“. So geht der zweite, dritte und alle einer nach dem andern hin, bis sie den elften auch zurückgeschickt hat. Da sagt der jüngste „soll ich hin, so geh ich wie ich da bin und ziehe keine bessere Kleider an“. Wie er hinkommt, fällt sie ihm um den Hals und sagt „du hast mich von den elfen erlöst, in deren Gewalt ich gewesen und von denen ich gepeinigt worden bin, ich liebe dich von Herzen, du sollst mein Gemahl werden“. Über den Streit bei den Wunschdingen vergl. die Anmerkung zu dem Märchen vom goldenen Berg (Nr. 92). Daß auf das Mislingen der Aufgabe Todesstrafe gesetzt wird, kommt ebenso im Räthsel (Nr. 22) und in den sechs Dienern (Nr. 134) vor. Das Märchen ist auch in Polen bekannt (s. unten). Ungarisch bei Stier S. 51.

Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 3 (1856). Dieterich, Göttingen 1856, Seite 216. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1856_III_216.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)