Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1856 III 234.jpg

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Mund aufthun und sprach gleichwohl „ach wie mögt ihr reden!“ und dieser behielt, wie billig, das Gewett. Dasselbe erzählt Abraham a St. Clara (Auserlesene Gedanken. Wien 1812. Thl. 1, 150), nur daß der zweite spricht „wenn man mir auch die Speisen mit Gewalt in den Mund steckte, so würde ich sie doch nicht hinunterschlucken“. Mündlich haben wir es auch gehört, drei faule Mädchen sitzen unter einem Nußbaum, das erste spricht, „wenn auch alle die reifen Nüsse herabfielen, ich möchte kein Reis schütteln“. Das zweite, „wenn sie auch da lägen, wer wollte sie aufklauben?“ Das dritte „ach, wer mag davon reden“. Abraham a St. Clara hat aber das Märchen noch einmal ganz anders gefaßt und dem unsrigen ähnlicher (1, 40. 41). Ein menschliches Faulthier hatte drei Söhne und erklärte in seinem letzten Willen denjenigen zum Haupterben, welcher der trägste sein würde. Nach des Vaters frühem Tod werden sie vor Gericht geladen und wegen der Faulheit ins Verhör genommen. Der erste gestand daß wenn sein Fuß auch auf glühenden Kohlen läge, er ihn nicht einmal zurückziehen würde: der zweite erklärte daß er auf der Leiter welche zum Galgen führt, stehen bleiben und selbst den Strang am Halse nicht abschneiden würde und zwar bloß darum, weil er zu träg wäre ein Messer aus der Tasche hervor zu holen. Der Dritte gab vor daß er zu träge wäre, die Augen zu schließen, geschweige die Hand vorzuhalten, wenn es Nadeln regnete und er auf dem Rücken läge. In Kellers Fastnachtspielen S. 86 soll der erben, der am meisten lügt und die größte Faulheit zeigt. Wenn er unter einer Traufe liegt, so läßt er die Tropfen zu einem Ohr herein, zu dem andern heraus fließen. Darauf bezieht sich eine Stelle in Fischarts Flohhatz 48a, wo von einer Faulen gesagt wird „sie wendet sich nicht umb ein Hor wie der dems Wasser Troff ins Or.“ Auch Straparola hat ein gutes Märchen von drei Faulen, das aber in einer vollständigen Ausgabe stehen muß; mitgetheilt ist es von Rumohr in der Sammlung für Kunst und Geschichte 2, 171 folg. Bei Colshorn Nr. 83. Verwandt ist ein indisches Märchen von vier Braminen welche streiten welcher von ihnen der thörichste sei; s. Schlegels Indische Bibliothek 2, 265–268. Auch ein türkisches Märchen gehört hierher, das Moriz Hartmann in Constantinopel erzählen hörte (Kölnische Zeitung 1854 Nr. 175). Einem Mann war die Arbeit so zuwider geworden daß er sich am Ende nicht mehr entschließen konnte den Arm

Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 3 (1856). Dieterich, Göttingen 1856, Seite 234. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1856_III_234.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)