Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1856 III 267.jpg

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1.
Der Mann vom Galgen.

Eine alte Frau bekommt spät Abends Gäste und hat nichts mehr von Speise über, weiß nicht, was sie ihnen kochen soll, geht zum Galgen, wo ein Todter hängt, schneidet ihm die Leber aus und brät sie den Fremden, welche sie aufessen.

Um Mitternacht klopfts an der Hütte, die Frau macht auf, es ist ein Todter mit kahlem Haupt, ohne Augen und mit einer Wunde im Leib.

     „Wo sind deine Haare?“
„Die hat mir der Wind abgeweht.“
     „Wo sind deine Augen?“
„Die haben mir die Raben ausgehackt.“
     „Wo haste deine Leber?“
„Die hast du gefressen.“


2.
Die Laus.

Es war einmal eine Königstochter die war so reinlich, daß es gewiß keine reinlichere auf der Welt gab: sie duldete nicht den kleinsten Schmutz oder Flecken an sich. Doch ihrer Reinlichkeit zum Trotz geschah es, daß man zu einer Zeit eine Laus auf ihrem Kopfe fand. Ein jeder rief „das ist ein großes Wunder, die Laus darf nicht getödtet, sie muß mit Milch groß gefüttert werden“; sie ward also mit Sorgfalt herabgenommen. Von der guten Nahrung wuchs sie

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 3 (1856). Göttingen 1850, Seite 267. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1856_III_267.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)