Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1856 III 301.jpg

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3. Blaubart (La barbe bleue). Im deutschen Nr. 46 Fitchers Vogel, doch ziemlich abweichend; im italienischen nichts ähnliches.
4. Rothkäppchen (Le petit chaperon rouge). Deutsch Nr. 26.
5. Der gestiefelte Kater (Le chat botté). Pentamerone Gagliuso 2, 4. Straparola 11, 1. Bruchstück Nr. 4.
6. Aschenputtel (Cendrillon). Flacher als im Pentamerone 1, 6 und das deutsche Nr. 21. Wie bedeutend ist der im französischen ganz fehlende Zug daß die bösen Schwestern den Königssohn einen Augenblick täuschen, indem sie sich die Füße gewaltsam verkürzen, um Schuhe tragen zu können, aber von den Tauben verrathen werden.
7. Riquet mit dem Schopf (à la houpe). Könnte am ersten als eine bloße Erfindung gelten. Es hat weiter keinen Inhalt als daß ein häßlicher aber geistreicher Mann einem Mädchen Geist mittheilen kann, und ein schönes aber dummes Mädchen einem mißgeschaffenen Mann Schönheit, wenn sie einander lieben. Auch findet man hier schon witzige, epigrammatische Wendungen und einen fein zugespitzten Dialog. Im italienischen und deutschen nichts ähnliches.
8. Der kleine Däumling (Le petit poucet). Großentheils das deutsche Märchen von Hänsel Nr. 15. Im Pentamerone 5, 8. Der Däumling selbst ist hier nicht so eigenthümlich wie in den beiden deutschen Märchen Nr. 37 und 45.

Diese acht Stücke gab Perrault zuerst (?) Paris 1697 in 12 heraus unter dem alten, von einem Fabliau entlehnten Titel Contes de ma mère l’oye, und einem zweiten, Histoires ou contes du temps passé. In den folgenden Ausgaben kamen noch drei hinzu[1].


  1. In einigen Ausgaben noch ein viertes, nämlich Griseldis in Versen. In der prächtigen Pariser 1782 in 12 und in dem Cabinet des Fées 1 sind daher zwölf Stücke; allein Griseldis ist kein Märchen sondern eine bekannte Novelle aus dem Boccaz und wird daher in andern Ausgaben mit Recht ausgelassen. Richeron (Mémoires pour servir à l’histoire des hommes illustres 33, 287) nimmt an Perrault sei um das Jahr 1626 geboren, und führt an Griseldis, nouvelle avec le conte de Peau d’âsne et celui des souhaits ridicules, deuxième édition Paris 1694 in 12, mit der Bemerkung das alles sei in Versen abgefaßt.
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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 3 (1856). Dieterich, Göttingen 1856, Seite 301. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1856_III_301.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)