Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1856 III 376.jpg

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an. Als am Mittag die Sonne heiß brennt, setzen die Menschen sich in den Schatten eines Baums. Die Kröte macht sich auf und geht mitten zwischen sie, aber sie rühren sie nicht an, weil sie fürchten, ihre Hand werde sonst bitter. So geht sie unberührt hindurch. Die Ratte will am folgenden Tag dasselbe thun, aber die Menschen greifen alle nach ihren Stöcken und wollen sie tödten. Einer schlägt nach ihr, berührt aber nur ein wenig ihren Rücken, so daß sie entrinnt. Am nächsten Morgen wiederholt sie den Versuch, aber mit demselben Erfolg. Die Ratte wird verfolgt, und wenn der Schlag nicht vorbeigefahren wäre, so war sie todt. Jetzt bekennt sie der Kröte daß sie mehr vermöge. Der Herr ließ die Ratte in einer Höhle wohnen, die Kröte aber in freier Luft. Die Ratte kommt bei Tag nicht hervor, sie streckt ihren Kopf aus ihrer Höhle, und wenn sie niemand erblickt, so kommt sie heraus und sucht ihre Nahrung. Die Kröte aber geht herum, wie es ihr gefällt, nur nicht bei Nacht, und niemand beleidigt sie, denn niemand will sie essen wegen ihrer Bitterkeit. Das Märchen erinnert an den Wettlauf des Hasen und Schweinigels, wo auch der Geringere siegt.

9. Der Löwe und der wilde Hund. Der Löwe sagt zu dem wilden Hund „ich fürchte nichts im Wald als vier Dinge, das Laub der Bäume, Gras, Fliegen und Erde (Dreck).“ Der Hund antwortet „dort ist gewis noch jemand stärker als du.“ Der Löwe spricht „ich tödte die Jungen des Elephanten, die wilde Kuh und den Leopard, und bringe sie meinen Kindern zur Speise. Wenn ich brülle, so zittern alle Thiere des Waldes: niemand ist mächtiger als ich.“ Der Hund sagt „komm, laß uns in den Wald gehen, ich will dir den schwarzen Vogel zeigen, wann er dort seine Nahrung sucht.“ Am andern Tag, als der Hund gesehen hat daß ein Jäger in den Wald gekommen ist, holt er den Löwen ab, und sie gehen zusammen in den Wald. Der Jäger hat sein Waldkleid angethan, auf seine Kappe den Schnabel eines großen Vogels genäht und sie aufgesetzt, dabei bewegt er sich wie ein Vogel. Der Hund spricht „Bruder Löwe, dort ist der schwarze Vogel, geh und packe ihn, und wenn du ihn gepackt hast, so gib mir einen von seinen Schenkeln, weil ich ihn zu einem Zauber brauche.“ Der Löwe geht langsam auf den Vogel zu, aber der Hund lauft fort. Der Jäger hat seinen vergifteten Pfeil herausgezogen, und als der Löwe kommt und denkt ihn zu tödten, schießt er seinen Pfeil ab und trift ihn. Der Löwe fällt rückwärts, erhebt sich, fällt

Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 3 (1856). Dieterich, Göttingen 1856, Seite 376. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1856_III_376.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)