Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1856 III 392.jpg

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meiner Verwandelungen.“ Damit legt der Riese sich nieder, aber die Frau spricht abermals „ach, wie du doch so dumm bist! was hatte ich dich doch vorhin gefragt? fragte ich dich nicht welche von deinen Verwandlungen die vornehmste sei? gewis hast du noch einige, sage sie her.“ Der Riese erwidert „wenn ich eingeschlafen bin, so kommt aus meinem rechten Nasenloch ein großer goldner Fisch hervor und bewegt sich spielend auf meiner rechten Schulter, dann kommt aus meinem linken Nasenloch ein kleiner goldner Fisch und bewegt sich spielend auf meiner linken Schulter. Sollte er auch diese beiden tödten, was hat es auf sich? ich sterbe dann als Held in gleichem Kampf mit ihm. Wenn er mich auch tödten sollte, so lebt noch mein älterer Bruder, ein Lama und Zauberer, ferner meine Mutter, eine Hexe, und endlich ein einzelnes eigenes Kind von mir: wie vermag er diese drei zu tödten? Mich selbst könnte er vielleicht besiegen: wenn er aber diese meine Drei tödten sollte, so würde ich ohne Nachkommenschaft sterben.“ Die Frau spricht abermals schmeichelnde Worte zu ihm, worüber der Riese lacht und sich (zum Schlaf) niederlegt. Am andern Morgen steht er früh auf und, indem er vorgibt nach vorn auszugehen, geht er nach hinten fort. Die Frau weckt jetzt den in der Grube liegenden Gesser, gibt ihm die zwei goldnen Ringe und berichtet ihm alles was sie von dem Riesen vernommen hat. Es wird nun erzählt wie Gesser alle Schwierigkeiten überwindet und den Riesen zuletzt tödtet, das Mitgetheilte reicht hin um die Verwandtschaft mit dem deutschen Märchen von dem Teufel mit den drei Goldhaaren (Nr. 29) darzuthun, dem unter ähnlichen Umständen seine Geheimnisse abgefragt werden. Noch einige Einzelheiten aus dem Gedicht muß ich anführen, Gesser kocht sieben Menschenhäupter, nimmt das Schädelgebein heraus und verfertigt daraus sieben Trinkschalen, wie Völund in der Edda und Alboin in der langbardischen Sage. Gesser wird in eine Schlangengrube geworfen (S. 104. 260): er tödtet die Schlangen durch Gift, dann ordnet er die großen als Polsterlager, die kleinen als Kopfkissen und legt sich darauf nieder. Jetzt fängt er an zu singen und verkündigt was geschehen ist. Dies erinnert an die nordische Sage von Raynar Lodbrok, der in der Schlangenhöhle vor dem Tod seine Thaten preist.

Von den Märchen der Magyaren kennen wir wahrscheinlich nur einen geringen Theil, Gaal und Mailáth gewähren nicht sehr viel und es mangelt dabei an genauer Auffassung und schlichter Erzählung.

Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 3 (1856). Dieterich, Göttingen 1856, Seite 392. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1856_III_392.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)