Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1857 II 144.jpg

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114.


Vom klugen Schneiderlein.


Es war einmal eine Prinzessin gewaltig stolz: kam ein Freier, so gab sie ihm etwas zu rathen auf, und wenn ers nicht errathen konnte, so ward er mit Spott fortgeschickt. Sie ließ auch bekannt machen, wer ihr Räthsel löste, sollte sich mit ihr vermählen, und möchte kommen wer da wollte. Endlich fanden sich auch drei Schneider zusammen, davon meinten die zwei ältesten sie hätten so manchen feinen Stich gethan und hättens getroffen, da könnts ihnen nicht fehlen, sie müßtens auch hier treffen; der dritte war ein kleiner unnützer Springinsfeld, der nicht einmal sein Handwerk verstand, aber meinte er müßte dabei Glück haben, denn woher sollts ihm sonst kommen. Da sprachen die zwei andern zu ihm „bleib nur zu Haus, du wirst mit deinem bischen Verstande nicht weit kommen.“ Das Schneiderlein ließ sich aber nicht irre machen und sagte es hätte einmal seinen Kopf darauf gesetzt und wollte sich schon helfen, und gieng dahin als wäre die ganze Welt sein.

Da meldeten sich alle drei bei der Prinzessin und sagten sie sollte ihnen ihre Räthsel vorlegen: es wären die rechten Leute angekommen, die hätten einen feinen Verstand, daß man ihn wohl in eine Nadel fädeln könnte. Da sprach die Prinzessin „ich habe zweierlei Haar auf dem Kopf, von was für Farben ist das?“ „Wenns weiter nichts ist,“ sagte der erste, „es wird schwarz und weiß sein, wie Tuch, das man Kümmel und Salz nennt.“ Die Prinzessin sprach „falsch gerathen, antworte der zweite.“ Da sagte der zweite „ists nicht schwarz und weiß, so ists braun und roth,

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 2 (1857). Göttingen 1857, Seite 144. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1857_II_144.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)