Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1857 II 394.jpg

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Tod schmeckt süß,“ sagte er, doch als bald hernach der Wein anfieng ihm ins Gehirn zu steigen und ihn zu betäuben, so meinte er sein Ende nahte sich heran. „Ich fühle daß ich sterben muß,“ sprach er, „ich will hinaus auf den Kirchhof gehen, und ein Grab suchen.“ Er taumelte fort, erreichte den Kirchhof und legte sich in ein frisch geöffnetes Grab. Die Sinne verschwanden ihm immer mehr. In der Nähe stand ein Wirthshaus, wo eine Hochzeit gefeiert wurde: als er die Musik hörte, däuchte er sich schon im Paradies zu sein, bis er endlich alle Besinnung verlor. Der arme Junge erwachte nicht wieder, die Glut des heißen Weins und der kalte Thau der Nacht nahmen ihm das Leben, und er verblieb in dem Grab, in das er sich selbst gelegt hatte.

Als der Bauer die Nachricht von dem Tod des Jungen erhielt, erschrack er und fürchtete vor das Gericht geführt zu werden: ja die Angst faßte ihn so gewaltig, daß er ohnmächtig zur Erde sank. Die Frau, die mit einer Pfanne voll Schmalz am Herde stand, lief herzu um ihm Beistand zu leisten. Aber das Feuer schlug in die Pfanne, ergriff das ganze Haus, und nach wenigen Stunden lag es schon in Asche. Die Jahre, die sie noch zu leben hatten, brachten sie, von Gewissensbissen geplagt, in Armuth und Elend zu.

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 2 (1857). Göttingen 1857, Seite 394. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1857_II_394.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)