Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1857 I 222.jpg

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ihren besten Jahren, die kleinen gehören Greisen. Doch auch Kinder und junge Leute haben oft nur ein kleines Lichtchen.“ „Zeige mir mein Lebenslicht“ sagte der Arzt und meinte es wäre noch recht groß. Der Tod deutete auf ein kleines Endchen, das eben auszugehen drohte und sagte „siehst du, da ist es.“ „Ach, lieber Pathe,“ sagte der erschrockene Arzt, „zündet mir ein neues an, thut mirs zu Liebe, damit ich meines Lebens genießen kann, König werde und Gemahl der schönen Königstochter.“ „Ich kann nicht,“ antwortete der Tod, „erst muß eins verlöschen, eh ein neues anbrennt.“ „So setzt das alte auf ein neues, das gleich fortbrennt wenn jenes zu Ende ist,“ bat der Arzt. Der Tod stellte sich als ob er seinen Wunsch erfüllen wollte, langte ein frisches großes Licht herbei: aber weil er sich rächen wollte versah ers beim Umstecken absichtlich, und das Stückchen fiel um und verlosch. Alsbald sank der Arzt zu Boden, und war nun selbst in die Hand des Todes gerathen.

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1857). Göttingen 1857, Seite 222. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1857_I_222.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)