Seite:Kinder und Hausmärchen Grimm 1843 I 315.jpg

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will ich dich einmal ordentlich kämmen.“ Das arme Sneewittchen dachte an nichts, und ließ die Alte gewähren, aber kaum hatte sie den Kamm in die Haare gesteckt, als das Gift darin wirkte, und das Mädchen ohne Besinnung niederfiel. „Du Ausbund von Schönheit,“ sprach das boshafte Weib, „jetzt ists um dich geschehen“ und gieng fort. Zum Glück aber war es bald Abend, wo die sieben Zwerglein nach Haus kamen. Als sie Sneewittchen wie todt auf der Erde liegen sahen, hatten sie gleich die Stiefmutter in Verdacht, suchten nach, und fanden den giftigen Kamm, und kaum hatten sie ihn herausgezogen, so kam Sneewittchen wieder zu sich, und erzählte was vorgegangen war. Da warnten sie es noch einmal auf seiner Hut zu sein, und niemand die Thüre zu öffnen.

Die Königin stellte sich daheim vor den Spiegel, und sprach

„Spieglein, Spieglein an der Wand,
wer ist die schönste im ganzen Land?“

Da antwortete er, wie vorher

„Frau Königin, ihr seid die schönste hier,
aber Sneewittchen über den Bergen
bei den sieben Zwergen
ist doch noch tausendmal schöner als ihr.“

Als sie den Spiegel so reden hörte, zitterte und bebte sie vor Zorn. „Sneewittchen soll sterben,“ rief sie, „und wenn es mein eigenes Leben kostet.“ Darauf gieng sie in eine ganz Verborgene einsame Kammer, wo niemand hinkam, und machte da einen giftigen giftigen Apfel. Aeußerlich sah er schön aus, weiß mit rothen Backen, daß jeder, der ihn erblickte, Lust darnach bekam, aber wer ein Stückchen

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1843). Göttingen 1843, Seite 315. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_Grimm_1843_I_315.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)