Seite:Kinder und Hausmärchen Grimm 1843 I 411.jpg

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goldene Haare. Als sie herangewachsen war, sah sie der König einmal an, und sah daß sie in allem seiner verstorbenen Gemahlin ähnlich war; da fühlte er eine heftige Liebe zu ihr, und er sprach zu seinen Räthen „ich will meine Tochter heirathen, denn sie ist das Ebenbild meiner verstorbenen Frau, und sonst kann ich doch keine Braut auf Erden finden.“ Als die Räthe das hörten, erschraken sie und sprachen „Gott hat verboten daß der Vater seine Tochter heirathe, und aus der Sünde kann nichts Gutes entspringen.“ Die Tochter erschrak auch, hoffte aber den König von seinem Vorhaben noch abzubringen. Da sagte sie zu ihm „eh ich euren Wunsch erfülle, muß ich erst drei Kleider haben, eins so golden wie die Sonne, eins so silbern wie der Mond, und eins so glänzend als die Sterne; ferner verlange ich einen Mantel von tausenderlei Pelz und Rauhwerk zusammengesetzt, und ein jedes Thier in euerm Reich muß ein Stück von seiner Haut dazu gegeben haben.“ Sie dachte aber „das ist anzuschaffen ganz unmöglich, und dann muß mein Vater von seinen Gedanken ablassen.“ Der König aber ließ nicht ab, und die geschicktesten Jungfrauen in seinem Reiche mußten die drei Kleider weben, eins so golden als die Sonne, eins so silbern als der Mond, und eins so glänzend als die Sterne; und seine Jäger mußten alle Thiere in seinem Reiche auffangen, und ihnen ein Stück von ihrer Haut abziehen, daraus ward ein Mantel von tausenderlei Rauhwerk gemacht. Und wie alles fertig war, ließ es der König zu ihr bringen, und sprach „morgen soll die Hochzeit sein.“

Als nun die Königstochter sah daß keine Hoffnung

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1843). Göttingen 1843, Seite 411. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_Grimm_1843_I_411.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)