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seiner ersten Gedichte versteigt er sich bis zur Apotheose der Ausschweifung: im Heliogabal. Aber immer reiner klärt sich seine Welt: bis das Jahr der Seele herrlich sichtbar wird, der Teppich des Lebens sich vor ihm breitet, der Engel ihm den Weg weist und der Stern des Bundes magisch erblinkt. Stefan George begann als Fackelträger des reinen Wortes in einer Zeit, die das Wort verunreinigte und beschmutzte, er schritt fort und schreitet weiter als ein Flammenträger des reinen Sinnes, in einer Zeit, die verschwelt und rauchig loht, die zu Baal und Beelzebub betet, die kein Sonnengold, nur ein Geldgold kennt, die alles „zweckmäßig“ einrichtet und als Ziel die Zweckmäßigkeit postuliert oder die Ziellosigkeit an sich. Die geistige und moralische Begriffe verwechselt und ein politisches Parteiprogramm von Spinozas Ethik nicht zu unterscheiden vermag. Sie hat auch bei George gebändigte Leidenschaft mit Temperamentlosigkeit, die Gebärde des echten Priesters mit den Tingeltangelallüren ihrer geistigen Charlatane, die gekonnte Kunst mit gemachter Mache verwechselt. Sei’s. Die Weltgeschichte ist auch das Weltgedicht: einige der schönsten Strophen dieses Gedichtes hat Stefan George gesungen.

Aus dem Kreise Georges sind als Dichter von Rang Hugo v. Hofmannsthal (geb. 1874 in Wien) und Rainer Maria Rilke (geb. in Prag 1875) hervorgegangen. Hofmannsthal ist der Dichter bezaubernder kleiner Versdramen. Er führt ein Skelett, das mit blühenden Rosen behängt ist, im Wappen. Rilke ist ein Mönch, der statt der grauen Kutte eine purpurrote trägt, die Seligkeit des Himmels liebt, aber die Freuden der Welt nicht verachtet.

Die „ersten Hergereisten“, die der kommenden deutschen Dichtergeneration die neuen Lieder lehrten, waren Nietzsche und George. Alfred Mombert (geb. 1872 in Karlsruhe) und Theodor Däubler (geb. 1876 in Triest) gehören mit zu den ersten, die sie lernten. Mombert schrieb metaphysische

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Klabund: Deutsche Literaturgeschichte in einer Stunde. Leipzig-Gaschwitz: Dürr & Weber, 1920, Seite 85. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Klabund_Deutsche_Literaturgeschichte_in_einer_Stunde_085.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)