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düstere, zuweilen etwas unklare Dichtung von pessimistischer Tendenz.[1]

Der verdienstvolle und einflußreiche holländische Aesthetiker und Dichter Willem Kloos ist der Verfasser folgenden, von O. Hauser übersetzten Sonettes „Lilith triumphatrix“.

„O mit den Marmorwimpernpaar, dem nimmer
Für uns hinieden Tränen sich entstehlen,
Du Antlitz, dessen Flammen uns umschwelen, –
Wir knien vor deinem ewig starren Schimmer
Und küssen deine Ketten, bind’ uns grimmer,
Nur laß es, Fürstin, nicht an Mitleid fehlen:
Durch einen Radschwung gib den schwachen Seelen
Tötlichem Weh traumlosen Schlaf für immer!
Selig, wenn liebreich deine heiligen Hände
Den dunklen Becher an die Lippen setzten,
Wenn du den Todestrank gemischt, den kühlen, –
Im Sterben wird er deinen Atem fühlen
Auf seiner Stirn, matt lächelnd noch den letzten
Tranktropfen sprengen, dir als Gruß vorm Ende“.

Colliers „Lilith“ (Boston 1885) tritt anfangs als unerbittliche Weiberrechtlerin auf, die es unangenehm berührt, daß sich Adam im Paradiese, das doch beiden zu gleicher Benützung geschenkt, als Alleinherrscher aufspielt und in seiner Gattin nur eine willenlose Dienerin erblickt. Da er sich durchaus zu keiner anderen Ansicht bekehren läßt und Lilith ebenso hartnäckig auf ihre Rechte pocht, so verläßt diese das Paradies und verlobt sich mit Eblis, dem aus dem Himmel gestürzten Teufel, und beide suchen dann den Untergang des Menschengeschlechtes herbeizuführen. Lilith bringt dem ersten Kinde Adams den Tod und begründet damit ihren Ruf als Mörderin der Kleinen. Wenn der nächliche Sturm heult, weiß die Mutter, daß Lilith im Anzuge ist und singt dann zum Schutze ihres Lieblings ein „lullaby“, denn wie mehrfach fälschlich behauptet worden ist, soll dieses englische Wort, welches einfach

  1. Von der bedeutendsten Dichtung Emants’ „Godenschemering“ (Götterdämmerung) ist leider, so viel ich weiß, noch keine deutsche Übersetzung erschienen.