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sich dann abermals, jedoch diesmal ganz langsam, empor und verschwand im grauen Gewölke gleichsam für immer … Unsägliche Traurigkeit breitete sich aus, eine Art – Todesstimmung.

Man wartete.

Die Bäume regten sich nicht; die ältesten standen gewappnet in Stolz und Unnahbarkeit und glaubten gar nicht an die Möglichkeit eines Angriffes.

So viele Jahrzehnte hatten sie dagestanden, ganze Jahrhunderte! So vieles hatten sie wachsen und sterben sehen! So viele Frühlinge und Winter durchlebt, so oft die Sonne aufgehen sehen! Die prächtige, goldblendende Sonne, die sie des Morgens in ihrem glutroten Lichte baden ließ und des Abends segnete! – So vielen verheerenden Stürmen getrotzt! Jetzt sollten sie eines anderen Todes sterben, als den ihre Vorfahren gestorben: als den des Alters oder den des Blitzes?

Lächerlich!

Sie wollten sich gar nicht regen. Nicht einmal durch das geringste Rauschen ihre Verwunderung bezeugen. Nur die jungen – wenn nur die nicht so leicht ins Schwanken gerieten!

Empfohlene Zitierweise:
Olga Kobylanska: Kleinrussische Novellen. J. C. C. Bruns’ Verlag, Minden i. Westf. [1901], Seite 154. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:KobyljanskaKleinrussischeNovellen.pdf/200&oldid=- (Version vom 13.9.2022)