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widerstandslosen Menschen zwischen ihre Räder nehmen und ohne Rücksicht auf sein Wünschen und Flehen zermalmen. Wenn wir die wirklichen Verhältnisse beobachten, wie sie heute überall uns ungerufen entgegentreten, wenn wir sehen, wie die zerstörenden Gewalten der Natur durch des Menschen Hand gebändigt und zu seinem Nutzen und Vergnügen zu arbeiten gezwungen werden, wie Seuchen und Pest den größten Teil ihrer Schrecken verloren haben, wie nicht nur das Behagen am Leben, sondern auch die durchschnittliche Lebensdauer durch die Fortschritte der hygienischen Wissenschaften gesteigert werden, so will uns diese Schilderung der Naturkräfte gar nicht mehr passend erscheinen. Sie kommen uns nicht wie feindliche Titanen, sondern vielmehr wie große kluge Elefanten vor, welche zu den wertvollsten Dienstleistungen veranlaßt werden können, wenn man sie nur richtig zu behandeln weiß.

Oder wenn Sie ein anderes Bild vorziehen: unsere frühere Vorstellung von den Naturgesetzen entsprach der zwangsweisen Führung längs eines unabänderlich vorgeschriebenen Weges, der keinerlei Abweichung nach rechts oder links gestattete oder ermöglichte. Jetzt betrachten wir die Naturgesetze wie Wegweiser in einem breiten Gelände, das Berg und Tal, Wald und Sumpf enthält. Wir werden durch diese Wegweiser keineswegs

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Wilhelm Ostwald: Kunst und Wissenschaft. Verlag von Veit und Comp., Leipzig 1905, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kunst_und_Wissenschaft.pdf/14&oldid=- (Version vom 1.8.2018)