Seite:Kunst und Wissenschaft.pdf/34

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

hatte, entnahm er den verschiedenen Erscheinungen das Gleichartige, stellte die gegenseitigen Beziehungen der verschiedenen Gefühle, die Regeln ihres zeitlichen Ablaufes, ihre gegenseitige Beeinflussung u. s. w. fest, und setzte sich so in den Besitz derjenigen Kenntnisse, deren er für seine Kunstwerke bedurfte. Eine systematische Ordnung dieser Kenntnisse im Sinne eines wissenschaftlichen Lehrgebäudes hat er allerdings nicht durchgeführt; für seine unmittelbaren Zwecke genügte ihm sein stets bereites Gedächtnis und seine enorm kräftige darstellende Phantasie. Daß er aber derartigen systematischen Konstruktionen keineswegs abgeneigt war, ergibt sich aus zahlreichen Stellen seiner auf die Kunst bezüglichen Schriften; ich erinnere beispielsweise an die psychologische Klassifizierung der Kunstfreunde, die er unter dem Titel „Der Sammler und die Seinigen“ versucht hat.

Das eben geschilderte Verfahren ist aber genau das der Wissenschaft; auch sie beginnt zunächst mit der Feststellung des tatsächlichen Materials und geht dann zu seiner Ordnung über, die zunächst schematisch, sodann aber womöglich genetisch ausgeführt wird.

Und hier kommen wir auch auf den Punkt zurück, von dem wir vorher zu unseren Betrachtungen über den Zweck der Kunst abgebogen waren. Ich hatte betont,

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Ostwald: Kunst und Wissenschaft. Verlag von Veit und Comp., Leipzig 1905, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kunst_und_Wissenschaft.pdf/34&oldid=- (Version vom 1.8.2018)