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Deutschlands und Österreichs, z. T. als offizielle Vertreter großer und hochangesehener Vereine, zu einmütigem Zusammenarbeiten nach Bayerns schöner Hauptstadt geeilt; 20 weitere, denen berufliche Pflichten ein Abkommen leider unmöglich machten, hatten ihr Fernbleiben schriftlich oder telegraphisch entschuldigt und zugleich der bedeutungsvollen Tagung ihre herzlichsten Sympathien und Wünsche ausgesprochen. Nachdem schon von vornherein bestimmt war, daß der „Kosmos“[WS 1] als solcher zurücktreten würde, sobald das Unternehmen in sichere Bahnen gelenkt sei und greifbare Formen angenommen habe, nachdem ferner ein Zusammenarbeiten so vieler Vereine für die Dauer eine zu schwerfällige Verwaltung darstellen würde, kam man rasch zu dem Entschlusse, für die praktische Durchführung des großen Planes eine eigene Organisation zu schaffen. Diese ist also in München unter dem Namen „Verein Naturschutzpark“[1][WS 2] aus der Taufe gehoben worden, wird aus rein praktischen Gründen ihren Sitz in Stuttgart haben, aber nicht nur in Deutschland, sondern auch in Österreich die Rechte einer juristischen Person erwerben, wie überhaupt der gemeinsame deutsch-österreichische Charakter des Unternehmens allzeit betont und festgehalten werden soll; an der Spitze des Vereins, dessen Satzung gleich durchberaten und in möglichst knapper und klarer Form festgestellt wurde, steht ein engerer Arbeitsausschuß von 15 und ein weiterer von 50 Personen. Vorsitzender ist Herr Gutsbesitzer Erwin Bubeck in Eschenau bei Weinsberg, stellvertretender Vorsitzender Herr Graf Karl Heinrich Bardeau in Öblarn (Steiermark), Schriftführer der Unterzeichnete, Kassenwart Herr Verlagsbuchhändler Euchar Nehmann in Stuttgart. So fern gewiß allen Beteiligten jede Art von Vereinsmeierei liegt, so ließ sich doch in diesem Falle die Schaffung einer eigenen Organisation nicht umgehen, denn nur so wird es bei der geringen Höhe des Jahresbeitrages (mindestens 2 Mk., für lebenslängliche Mitglieder mindestens 100 Mk.) möglich gemacht, daß jeder einzelne, auch der minder Bemittelte, bequem sein Scherflein beisteuern kann zur raschen Durchführung des großen und eminent gemeinnützigen Unternehmens. Am nächsten Tage hielt dann auch gleich noch der engere Arbeitsausschuß seine erste Sitzung ab, auf der u. a. die baldige Herausgabe einer zugkräftigen Agitationsbroschüre (sie steht nach Erscheinen jedem Interessenten in beliebiger Anzahl kostenlos zur Verfügung) beschlossen und für Propagandazwecke ein besonderer Presse-Ausschuß eingesetzt wurde. Glückauf!

Es hat in den vergangenen Monaten freilich auch nicht an mehr oder weniger berechtigten Bedenken gegen unser Projekt gefehlt, und sie sind teilweise auch in der Fach- und Tagespresse zum öffentlichen Ausdruck gekommen, Bedenken, denen man aber von vornherein das eine entgegenhalten kann, daß die Schaffung solcher Parke ja in Mitteleuropa überhaupt noch nicht praktisch versucht worden ist, also sich auch nicht aus Tatsachen, sondern höchstens aus grauer Theorie ein ungünstiges Urteil herleiten läßt. Und dann ist doch die ganze Sache so erhaben, so groß, so gemeinnützig, so gewaltig in ihren Folgen, daß sie unbedingt wenigstens eines ernsten Versuches wert erscheinen muß. Freilich dürfen wir nicht den ausgedehnten Yellowstonepark der Nordamerikaner als Maßstab für einen bei uns zu errichtenden Naturschutzpark nehmen, denn über Tausende von Quadratkilometern land- oder forstwirtschaftlich wertlosen Landes verfügt ja das alte Kulturland Europa nicht mehr. Und auch das wollen wir uns nich[t] verhehlen, daß die Sache Zeit zu ihrer Entwicklung braucht, daß die Segnungen solcher Parke weniger der Gegenwart als unseren Kindern und Enkeln zugute kommen werden. Immerhin werden sich solche Parke, die den angestrebten Zweck wenigstens zum größten Teile erfüllen, auch heute noch – aber es ist die höchste Zeit! – bei uns schaffen lassen, und bestimmte Vorschläge wegen geeigneter Örtlichkeiten sind ja auch in München eingehend durchberaten worden. Wenn wir trotzdem die gespannte Erwartung vieler Freunde unserer Sache, wo wohl der Park zu liegen käme, heute noch nicht durch bestimmte nähere Mitteilungen erfüllen, so hat das seine wohlerwogenen Gründe rein praktischer Art, die jedermann verständlich und gerechtfertigt finden wird. Ein sehr wichtiger Punkt bei jedem für unsere Zwecke in Betracht kommenden Gelände ist ja unbedingt seine möglichste Abgeschlossenheit durch scharfe natürliche Grenzen. Um diese zu erreichen, sind jedoch kleine, jetzt leicht zu bewerkstelligende Arrondierungsankäufe notwendig, und wenn die Örtlichkeit zu früh in weiteren Kreisen bekannt werden würde, liegt die große Gefahr nahe, daß die betreffenden Grundstücke zu Spekulationsobjekten werden und dann im Preise unverhältnismäßig in die Höhe getrieben werden könnten, was wir natürlich unbedingt vermeiden müssen.


  1. Satzungen und Werbematerial versendet, Auskünfte erteilt und Beiträge nimmt entgegen die Geschäftsstelle des „Verein Naturschutzpark“ in Stuttgart, Pfitzerstr. 5.

Anmerkungen (Wikisource)

Empfohlene Zitierweise:
Kurt Floericke: Der gegenwärtige Stand der Naturschutzpark-Bewegung. In: Kosmos – Handweiser für Naturfreunde, Bd. 6, Heft 12, Franckh’sche Verlagshandlung, Stuttgart 1909, Seite 370. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kurt_Floericke_Der_gegenw%C3%A4rtige_Stand_der_Naturschutzpark-Bewegung.pdf/2&oldid=- (Version vom 1.4.2019)