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Die Grossh. Badische Hof- und Landesbibliothek.
I. Geschichte der Anstalt.

Die Entstehung der Badischen Hofbibliothek lässt sich bis in den Anfang des 16. Jahrhunderts zurück verfolgen. Johannes Oecolampadius rühmt in der Vorrede zur lateinischen Ausgabe des Cyrillus die Liberalität des Markgrafen Philipp I. von Baden, der eine Handschrift des Kirchenvaters aus seiner Bibliothek zu Pforzheim dem Buchdrucker und Verleger, Andreas Cratander, hatte zusenden lassen. Diese Handschrift gehörte zum Legate der berühmten Johann Reuchlin, welches im Jahre 1522 dem St. Michaels-Stift in Pforzheim vermacht worden war. Der Markgraf als „Landsfürst und Superattendens“ des Stiftes, hatte offenbar ein Verfügungsrecht über die Reuchlinische Bibliothek; denn die Aussendung der erwähnten Handschrift erfolgte auf seinen Befehl, obwohl es Reuchlins Absicht gewesen war, die Benutzung seiner Schätze nur an ihrem Aufbewahrungsorte zu gestatten.[1]

Ein grosser Theil jener Reuchlinischen Handschriften befindet sich jetzt in der sogenannten Durlacher Abtheilung der Hof- und Landesbibliothek. Darunter ist die grosse hebräische Bibel, welche Reuchlin vom Kaiser Friedrich III. zum Geschenk erhalten hat. Eine andere Gelegenheit zum Erwerb von Handschriften bot sich dem bücherliebenden Markgrafen Philipp durch sein Verhältniss zum Kloster Hirschau bei Calw, dessen gottesdienstliche Competenz in Pforzheim von ihm übernommen und der dortigen Pfarrei zugewiesen wurde (1525). In der That finden sich später im Besitze der Markgrafen von Baden-Baden Hirschauer Handschriften: so die Briefe des Bonifatius und der Codex, welcher das Walthari-Lied enthält[2]. Auch diese beiden Handschriften befinden sich in der Durlacher Abtheilung, in welche sie 1772 aus Rastatt gelangt sind.


  1. „Quae opera Ioannes ille Capnion Phorcensi tuae bibliothecae moriens legarat olim, et ne unquam inde egrederentur fere alligarat”. Divi Cyrilli opera. Basileae, in aedibus Andreae Cratandri MDXXVIII (praef. pag. 1). Vgl. Sachs, Einleitung in die Geschichte der Marggravschaft Baden, III, S. 174. 187.
  2. Codd. Durl. 94. 108. Dass letzterer in Hirschau geschrieben ist, hat Dr. Holder ermittelt (Waltharius, von J. V. Scheffel und A. Holder S. 144).