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beherrscht, England groß gemacht und die noch der ungläubige Enkel von heute vom gläubigen Ahnen im Blute geerbt hat. Was die Völker im Innersten zusammenhält, ist nicht die Blutgemeinschaft und nicht der Sprachzusammenhang allein, erst die Idee, in welcher das Wesen des Volkes sich investiert, und der Glaube, daß diese Idee berufen ist, durch dieses Volk und seinen Staat zur Weltidee erhoben zu werden. Dies, und nicht die Sicherung von Rohstoffen und Absatzgebieten, ist der Inhalt des Begriffes Imperialismus. Das heutige Italien, hierin dem heutigen Japan vergleichbar, hat keine solche Idee. Wie Japan nach Zerstörung seiner alten feudal-heroischen Kultur nichts hat als japanische Nuancen anglo-amerikanischer Ideen, so hat Italien, sehe ich auf sein heutiges Sein, nicht auf sein historisch überkommenes Haben, nichts als italienische Nüancen der einst weltbeherrschenden französischen Ideenwelt. Nüancen aber, und wären sie noch so schön, können keinen Glauben erwecken; es ist aber nur der Glaube, der den Volksgenossen befähigt, sich selbst und seine Zukunft, mit Einschluß seiner wirtschaftlichen Zukunft, in den Dienst einer überindividuellen Pflicht gegen den Staat zu stellen; fehlt der Glaube, dann tritt an Stelle opferfreudiger Hingabe von Blut und Gut der Strike der gekreuzten Arme, der Strike der zugeschnürten Beutel.


Empfohlene Zitierweise:
Julius Landmann: Die Kriegsfinanzen der Großmächte. Buchdruckerei zum Basler Berichtshaus, Basel 1915, Seite 35. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:LandmannKriegsfinanzen.pdf/37&oldid=- (Version vom 1.8.2018)