Seite:Landstreicherleben 037.jpg

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über die Proviantmagazine angestellt worden. Er hatte gegen den Brotdiebstahl vorzugehen. Obwohl er nun seine Funktionen unentgeltlich erfüllte, so waren sie doch in jener Zeit der Hungersnot sehr gefährlich, und vielleicht hätten sie ihn sogar auf die Guillotine gebracht, wenn er nicht die Protektion des Bürgers Souham, Kommandanten des zweiten Bataillons vom Regiment Corrèze, gehabt hätte; und ich wurde nun provisorisch sein Assistent.

Mein Urlaub ging zu Ende. Ich stieß wieder zu meinem Regiment in Givet, und von da marschierten wir in die Grafschaft Namur. Man quartierte uns in die Dörfer an den Ufern der Maas ein, und da die Österreicher in der Nähe waren, so verging kein Tag, an dem nicht einige Schüsse gewechselt wurden. Eines Tags, bei einem ernsthafteren Gefecht, wurden wir aber bis unter die Kanonen von Givet zurückgedrängt. Auf diesem Rückzug erhielt ich einen Schuß ins Bein, der mich zwang, zuerst ins Spital zu gehen, und dann mußte ich im Lager bleiben. Dort war ich noch, als die „Deutsche Legion“ (die während der Revolution sich aus deutschen Deserteuren, Aufständischen und alten Soldaten gebildet hatte) in unsere Nähe kam. Einer der Oberbefehlshaber dieses Haufens von Ausreißern und Fechtmeistern schlug mir vor, in das Korps einzutreten, und versprach mir die Stelle eines Quartiermeisters. „Wenn Sie einmal aufgenommen sind,“ sagte er zu mir, „so bürge ich für Sie, Sie sind dann vor allen Verfolgungen sicher!“

Die Gewißheit, nicht verfolgt zu werden, und Erinnerung an alle Unannehmlichkeiten, die mir meine Freundschaft mit Mademoiselle Manon zugezogen hatte, bestimmten mich zum Entschluß. Ich nahm das Anerbieten an und anderen Tags befand ich mich schon mit der Legion auf der Straße nach Flandern. Es war zweifellos, daß ich bei ständigem Dienst in diesem Korps, wo das Avancement schnell vonstatten ging, Offizier werden würde. Aber meine Wunde brach auf und unter so erschwerenden

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Eugène François Vidocq: Landstreicherleben, Seite 37. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Landstreicherleben_037.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)