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Luxussachen, die ich nicht mehr brauchte, denn ich hatte die Absicht, mich in irgendeinem Flecken in der Umgebung niederzulassen und irgendeinen Beruf zu ergreifen. Aber es sollte nicht zur Ausführung dieses Planes kommen.

Eines Abends schlug mir einer jener Herren, die man stets in den Hotels findet, wo sie Bekanntschaft mit den Reisenden machen, vor, mich in ein Haus zu führen, in dem man spielte. Aus Mangel an anderer Beschäftigung ließ ich mich hinführen und vertraute dabei auf meine Erfahrung aus dem türkischen Café und dem Café de la Monnaie. Aber bald bemerkte ich, daß die Spitzbuben von Brüssel nur schäbige Lehrlinge waren im Vergleich zu den alten Praktikern, mit denen ich nun spielte. Heutigentags hat der Bankhalter im Spiel den Vorteil, daß bei gleichen Karten er gewinnt, und weiter den ungeheueren Vorteil, daß er immer im Spiel ist. Sonst sind aber die Chancen mit denen der anderen beinahe gleich. Aber zu der Zeit, von der ich spreche, da hatte die Polizei noch jene Privatspielhöllen geduldet, die man Krawattenfabriken nennt. Und dort begnügte man sich nicht damit, die Karten nach den verschiedenen Farben zu mischen, sondern die Eingeweihten hatten unter sich noch Verständigungszeichen, die so kombiniert waren, daß ein Fremder notwendigerweise hereinfallen mußte. Zwei Abende machten mich um ungefähr hundert Louisdor leichter, und daran hatte ich so ziemlich genug. Aber es stand geschrieben, daß das Geld der Baronin kein Bleibens bei mir haben sollte. Dem Schicksal kam eine sehr hübsche Frau zu Hilfe, die ich an einer Table d’hote traf, wo ich manchmal aß. Rosine, wie sie hieß, zeigte zuerst eine musterhafte Uneigennützigkeit. Schon seit einem Monat war ich ihr erklärter Liebhaber, und sie hatte mir nur Diners, Theater, Wagen, Stoffe, Handschuhe, Bänder, Blumen und dergleichen gekostet, lauter Sachen, die in Paris „so gut wie nichts kosten“ … wenn man sie nicht bezahlt.

Ich war immer verliebter in Rosine und verließ sie keinen Augenblick. Eines Morgens, als ich mit ihr frühstücke, finde

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Eugène François Vidocq: Landstreicherleben, Seite 60. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Landstreicherleben_068.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)