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Viertes Kapitel


Die Zigeuner


In Lille hatten die Leute beim Regiment mich nur unter einem jener Kriegsnamen gekannt, wie man sie zu dieser Zeit gewöhnlich führte, und sie waren durchaus nicht erstaunt, daß ich jetzt Rousseau hieß. Ich brachte die Tage mit meinen Kameraden im Café oder auf dem Fechtboden zu. Aber alles das war nicht sehr einträglich, und ich stand eines Tages wieder ohne jeden Pfennig Geld da. Da sprach ein täglicher Besucher des Cafés, den man wegen seines regelmäßigen Lebens den Rentier nannte, mich an. Er hatte mir schon ein paar Gefälligkeiten erweisen, mit denen er sonst gegen jedermann sehr sparsam war. Nun schlug er mir vor, mit ihm zu reisen.

Reisen, das war schon gut; aber in welcher Eigenschaft? Ich stand nicht mehr in dem Alter, um mich als Hanswurst oder als Kammerdiener von Affen und Bären betätigen zu können, und ich glaube, das hätte auch niemand gewagt, mir anzubieten. Ich fragte also meinen neuen Protektor bescheiden nach den Funktionen, die ich denn bei ihm zu versehen hätte. „Ich bin ein umherziehender Arzt,“ sagte mir der Rentier, dem sein dichter Backenbart und seine braune Gesichtsfarbe ein seltsames Aussehen gaben. „Ich behandele geheime Krankheiten mit einem unfehlbaren Rezept. Ich befasse mich auch mit Tierkrankheiten. Erst neulich habe ich die Pferde einer Schwadron vom dreizehnten Jägerregiment kuriert, die der Regimentstierarzt schon aufgegeben hatte.“ Nun, ich zauderte nicht lange. Wir verabredeten,

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Eugène François Vidocq: Landstreicherleben, Seite 73. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Landstreicherleben_073.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)