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Zehntes Kapitel


Die Flucht aus dem Bagno


Ich kam ohne Hindernisse durch das Gittertor und befand mich bald in Brest, einer Stadt, die mir vollkommen unbekannt war. Die Angst, daß mein Zögern, welchen Weg ich einschlagen sollte, mich verraten könnte, vergrößerte noch meine Unruhe. Nach langem Hin- und Hergehen erreichte ich schließlich das einzige Tor der Stadt. Dort stand auf festem Posten ein ehemaliger Galeerenwächter, namens Lachique, ein Mann, der einen Sträfling an den Gebärden, der Haltung, dem Gesichtsausdruck erkannte. Ein Umstand, der diese Beobachtungen erleichtert, ist der, daß ein Mensch, der einige Zeit im Bagno verbracht hat, unwillkürlich das Bein nachschleift, an dem die Kette befestigt war.

Ich mußte irgendwie an dieser zweifelhaften Person vorbeigehen. Er schmauchte mächtig an einer Pfeife und überwachte mit Falkenblick alle, die ein- und ausgingen. Ich war schon bemerkt worden. Ich half mir durch eine Unverschämtheit: als ich Lachique erreichte, stellte ich den Krug Buttermilch, den ich mir zur Vervollständigung meiner Verkleidung unterwegs gekauft hatte, gerade vor ihn hin, stopfte mir die Pfeife und bat ihn um Feuer. Er gab es mir mit der ganzen Höflichkeit, deren er fähig war. Wir bliesen uns gegenseitig einige Rauchwolken ins Gesicht, und darauf schlug ich ruhig den Weg ein, der vor mir lag.

Ich war etwa dreiviertel Stunden dahinmarschiert, als ich

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Eugène François Vidocq: Landstreicherleben, Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Landstreicherleben_138.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)