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Elftes Kapitel


Neue Berufe


Nachdem ich Nantes verlassen hatte, marschierte ich hintereinander einen Tag und zwei Nächte, ohne in irgendeinem Dorfe haltzumachen: meine Vorräte ermöglichten mir das. Ich marschierte aufs Geratewohl, aber mein Streben ging nach Paris oder nach der Meeresküste, wo ich an Bord eines Schiffes aufgenommen zu werden hoffte. So erreichte ich die ersten Häuser einer Stadt, die vor kurzem der Schauplatz einer Schlacht gewesen zu sein schien. Der größte Teil der Häuser war nichts als ein Haufen rauchgeschwärzter Trümmer; alle Häuser rings um den Marktplatz lagen vollständig zerstört. Übriggeblieben war nur noch der Kirchturm, dessen Uhr immer noch die Stunden schlug für die Einwohner, die nicht mehr da waren. Dieser trostlose Anblick hatte zugleich etwas Bizarres. Auf dem Stück einer Mauer, das von einem Wirtshaus übriggeblieben war, war noch zu lesen: „Gute Unterkunft für Fußgänger und Reiter“. Soldaten tränkten ihre Pferde im Weihkessel einer Kapelle, etwas weiter tanzten ihre Kameraden nach den Tönen der Orgel mit den Bauernweibern, die Verlassenheit und Elend zwangen, sich für ein Kommißbrot den Revolutionssoldaten hinzugeben. Nach den Spuren dieses Zerstörungskrieges hätte man glauben können, man befinde sich inmitten der Savannen von Amerika oder in der Oase einer Wüste, wo barbarische Völkerschaften in blinder Wut einander zerfleischt hatten. Und doch waren es auf beiden Seiten

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Eugène François Vidocq: Landstreicherleben, Seite 156. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Landstreicherleben_156.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)