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Zwanzigstes Kapitel


Untertauchen in der Hauptstadt


Kaum hatte ich meinen Fuß in den Gefängnishof gesetzt, als der General-Prokurator Ranson, den meine wiederholten Ausbrüche gegen mich aufgebracht hatten, am Gitter erschien und rief:

„So! Ist Vidocq angekommen? Hat man ihm schon die Eisen angelegt?“

„Ach!“ rief ich. „Was habe ich denn getan, daß Sie mir so übel wollen? Nur weil ich ein paarmal ausgekniffen bin? Ist das denn ein so großes Verbrechen? Habe ich denn meine Freiheit mißbraucht? Immer dann, wenn man mich gefaßt hat, war ich gerade im Zuge, mir eine anständige Existenz zu schaffen! Ich bin viel weniger schuldig, als ich Unglück habe! Erbarmen Sie sich doch meiner, haben Sie Mitleid mit meiner armen Mutter; sie wird sterben, wenn ich wieder ins Zuchthaus komme.“

Diese Worte und der aufrichtige Ton, mit dem ich sie vorgebracht hatte, machten auf Ranson einen gewissen Eindruck. Er kam bald wieder und fragte mich ausführlich aus über die Art, wie ich seit meiner Flucht aus Toulon gelebt habe. Da ich meine Aussagen beweisen konnte, und mich erbot, unumstößliche Beweise zu liefern, so bezeugte er mir ein gewisses Wohlwollen.

„Warum reichen Sie kein Gesuch um Begnadigung oder mindestens um Milderung Ihrer Strafe ein?“ fragte er mich. „Ich will Sie dem Gerichtspräsidenten empfehlen.“

Ich dankte ihm für seine Hilfsbereitschaft, und noch am selben

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Eugène François Vidocq: Landstreicherleben, Seite 276. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Landstreicherleben_276.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)