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ans Werk gehen und den Betreffenden nicht aus dem Auge verlieren, denn er ist ein gewitzter Bursche.“

Diesem Schreiben fügte ich ein so genaues Signalement von Paquay hinzu, daß es unmöglich war, den Mann zu verfehlen. Als der Augenblick der Abreise gekommen war, begab ich mich auf Umwegen auf den Kai und sah vom Fenster einer Kneipe Paquay in den Wagen steigen: gleich darauf stiegen zwei Gendarmen ein, die ich nach einem bestimmten Äußeren erkannte, ein Eindruck, der nicht zu beschreiben ist. Abwechselnd reichten sie einander ein Papier, auf das sie hier und da einen Blick warfen. Endlich richteten sie ihre Blicke auf meinen Mann, dessen Kleidung für einen Dieb keineswegs bezeichnend war. Der Wagen setzt sich in Bewegung, und ich sehe ihn mit um so mehr Vergnügen sich entfernen, als mit ihm zugleich Paquay, seine Vorschläge und die Möglichkeit seiner Denunziation verschwinden.

Am Tage nach diesem Abenteuer bin ich gerade mit der Aufnahme meines Warenverzeichnisses beschäftigt, da höre ich Lärm. Ich stecke den Kopf zum Fenster hinaus und sehe einen Trupp Galeerensträflinge, der von dem Leutnant Thiérry und seinen Schergen geführt wird! Bei diesem Anblick, der für mich so fürchterlich und gefährlich ist, ziehe ich den Kopf schnell wieder zurück, aber in meiner Aufregung zerschlage ich eine Fensterscheibe. Plötzlich richten sich alle Blicke zu mir hinauf; ich hätte in die Erde kriechen mögen! Aber das ist noch nicht alles; um mein Entsetzen auf den Gipfel zu steigern, macht jemand meine Tür auf. Es ist die Wirtin des „Fasanen“, Frau Gelat.

„Kommen Sie schnell, Herr Jacquelin,“ ruft sie. „Kommen Sie schnell, die Bagnosträflinge sehen … Man hat sehr lange keinen so großen Zug zu sehen bekommen! … Es sind mindestens hundertfünfzig Mann, und darunter lustige Brüder … Hören Sie, wie sie singen? …“

Ich danke meiner Wirtin für ihre Aufmerksamkeit, tue, als ob ich sehr beschäftigt sei und sage, daß ich bald hinunterkommen würde.


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Eugène François Vidocq: Landstreicherleben, Seite 281. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Landstreicherleben_281.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)