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Du kennst die Leute, so kannst du mich führen, und wir teilen … Vorwärts!“ fügte er hinzu. „Da gibt’s keine Ausreden, ich brauche den Schlüsselabdruck.“

Ich tat, als ob ich seinen Worten nachgab.

„Diese Skrupel … Schweige doch!“ rief er, „du bist zum Kotzen. Also einverstanden, wir machen halbpart.“

Großer Gott! Welches Kompaniegeschäft! Es war nicht der Mühe wert, mich über Blondys Unglück zu freuen: ich kam aus dem Regen in die Traufe. Blondy konnte noch manchmal Vernunft annehmen, Saint-Germain aber nie; auch war er weit anspruchsvoller in seinen Forderungen. Da ich nun jeden Moment erwarten mußte, preisgegeben zu sein, so beschloß ich, mich an Henry, den Chef der Sicherheitspolizei von Paris, zu wenden. Ich ging zu ihm, setzte ihm meine Situation auseinander und erbot mich, falls man mir erlauben würde, frei in Paris zu leben, wichtige Mitteilungen über eine große Anzahl entsprungener Sträflinge zu machen, deren Aufenthaltsort und Absichten ich kannte.

Henry empfing mich ziemlich wohlwollend, aber nach kurzem Überlegen erklärte er, daß er sich mir gegenüber in keine Verbindlichkeiten einlassen könne.

„Das soll Sie aber nicht abhalten, mir Mitteilungen zu machen,“ fuhr er dann fort, „man wird dann sehen, inwiefern sie von Wert sind, und vielleicht …“

„Ach, ich bitte Sie inständigst: kein ‚vielleicht‘. Ich riskiere mein Leben. Sie wissen nicht, wessen die Subjekte, die ich Ihnen nennen will, fähig sind. Wenn ich ins Bagno zurückgebracht würde, nachdem die gerichtliche Untersuchung meine Verbindung mit der Polizei ergeben hätte, so bin ich verloren.“

„In diesem Fall wollen wir nicht weiter darüber reden.“ Und er entließ mich, ohne sich auch nur nach meinem Namen zu erkundigen.

Der Mißerfolg dieses Versuches schmerzte mich tief. Ich erwartete jeden Tag, daß Saint-Germain kommen und mich an

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Eugène François Vidocq: Landstreicherleben, Seite 291. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Landstreicherleben_291.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)