Seite:Landstreicherleben 295.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.


(Nach einer ziemlich genauen Untersuchung des hinteren Zimmers kommt der Kommissar wieder in das Zimmer, wo ich bin.)

„Und hier, in diesem Bett?“ sagt er, und schiebt den damastenen Vorhang zur Seite, während ich fühle, wie sich zu meinen Füßen ein Ende der Matratze hob. Dann ließ man die Matratze wieder nachlässig fallen.

„Keine Spur von Vidocq! Verflucht noch einmal, er hat sich wirklich unsichtbar gemacht,“ brummte der Kommissar, „und wir müssen darauf verzichten …“

Man kann sich gar nicht vorstellen, von welcher ungeheuren Last diese Worte mich befreiten. Endlich zog sich die ganze Bande zurück. Die Frau begleitete sie hinaus, und ich war allein mit dem Vater, dem Sohn und einem kleinen Mädchen, die keine Ahnung hatten, daß ich so nahe bei ihnen war. Ich hörte, wie sie mich bedauerten. Aber bald hörte man die Schritte der Frau, sie sprang eilig die Treppe herauf; sie war ganz außer Atem. Meine Angst sollte wieder losgehen.


Dritte Szene.


Der Mann, die Frau und der Sohn.


Die Frau: O lieber Gott! Wieviel Menschen sich da unten in der Straße angesammelt haben … Höre mal, dein Herr Vidocq war eigentlich immer ein hochmütiger Tagedieb; für einen Schneidermeister hielt er doch zu oft eher die Arme untergeschlagen als die Beine.

Der Mann: Du bist auch wie die anderen. Du hast eine böse Zunge. Aber was soll er denn überhaupt getan haben? Ich bin zwar durchaus nicht neugierig, aber …

Die Frau: Was er getan hat? … Wenn es von einem Menschen heißt, er ist wegen Mordes zum Tode verurteilt! Na, da könntest du ja was von dem kleine Schneider da drüben hören …

Empfohlene Zitierweise:
Eugène François Vidocq: Landstreicherleben, Seite 295. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Landstreicherleben_295.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)