Seite:Landstreicherleben 318.jpg

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werden aufgereizt. Um sie in den Abgrund zu stürzen, braucht man oft nur die richtige Triebfeder in ihren Leidenschaften oder in ihrer Eitelkeit ausfindig zu machen; aber derjenige, der diese Mittel anwendet, ist etwas Fürchterliches! Er ist der Einzige, der Strafe verdient hat, und ihn allein sollte sie treffen. Lieber sollte die Polizei ganz untätig sein, als zu solchen Mitteln greifen.“

Ferner sagte er zu mir:

„Die Polizei ist ebenso dazu da, den Verbrechen vorzubeugen, als die Verbrecher zu fangen. Lieber vorher eingreifen als nachher.“

Gemäß Henrys Anweisungen ließ ich keinen Tag vergehen, ohne Saint-Germain und seinen Freund Boudin zu sehen. Da der geplante Streich viel Geld einbringen sollte, so glaubte ich, eine gewisse Ungeduld durchblicken lassen zu dürfen.

„Nun! Wann geht’s an die Arbeit?“ fragte ich jedesmal, wenn wir zusammen waren.

„Wann?“ erwiderte Saint-Germain. „Das Obst ist noch nicht fallreif. Wenn es so weit ist, wird uns unser Freund schon benachrichtigen,“ fügte er hinzu, auf Boudin weisend.

Schon waren wir einige Male zusammengetroffen, und noch war nichts entschieden. Ich richtete wieder einmal meine übliche Frage an sie.

„Jetzt ist’s soweit,“ antwortete Saint-Germain. „Morgen. Wir erwarten dich zur Beratung.“

Es wurde eine Zusammenkunft außerhalb von Paris verabredet. Ich stellte mich pünktlich ein, ebenso Saint-Germain.

„Höre,“ sagte er zu mir, „wir haben uns die Sache überlegt. Sie kann jetzt nicht gemacht werden, aber wir wollen dir etwas anderes vorschlagen, überleg’s dir und sag’ ganz offen: ja oder nein. Aber bevor ich dir mit der Sache herausrücke, will ich gestehen, was uns gestern jemand erzählt hat: Ein gewisser Carré, der dich im Untersuchungsgefängnis kennen gelernt hat,

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Eugène François Vidocq: Landstreicherleben, Seite 318. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Landstreicherleben_318.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)