Seite:Landstreicherleben 328.jpg

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Wir begeben uns in eine Wachstube: ich verlange seine Papiere; er hat keine. Ich verlange, daß man ihn durchsuche, und man findet bei ihm drei Uhren und fünfundzwanzig Doppelnapoleondors. Ich hinterlege sie im Depot bis er zum Kommissar gebracht werde. Diese Gegenstände waren in ein Tuch eingewickelt. Ich nehme das Tuch zu mir, verkleide mich als Dienstmann und eile in das Haus des Hehlers. Seine Frau ist da mit einigen anderen Personen; sie erkennt mich nicht, ich sage, ich wolle sie unter vier Augen sprechen. Als ich mir ihr allein bin, ziehe ich das Tuch aus der Tasche und zeige es ihr als Erkennungszeichen. Noch kennt sie den Grund meines Besuches nicht, aber schon verändern sich ihre Züge; sie zittert.

„Ich bringe Ihnen keine gute Nachricht,“ sage ich zu ihr. „Ihr Mann wurde soeben verhaftet. Er sitzt auf der Wache, wo man ihm alles abgenommen hat, was er bei sich trug. Nach einigen Worten, die dem Agenten entschlüpft sind, glaubt er verraten worden zu sein; daher bittet er Sie, so schnell wie möglich das Bewußte aus dem Hause zu schaffen. Wenn Sie wollen, helfe ich Ihnen dabei: Aber ich sage Ihnen, es ist keine Zeit zu verlieren!“

Der Rat war dringend. Das Taschenbuch und die Beschreibung der Gegenstände, die darin eingeschlagen gewesen waren, ließen keinen Zweifel mehr aufkommen. Die Frau des Hehlers ging geradewegs in die Falle, die ich ihr hinhielt. Sie hieß mich drei Wagen bestellen und sofort zurückkommen. Ich übernahm den Auftrag; aber unterwegs gab ich einem meiner Vertrauten Befehl, diese drei Wagen nicht aus dem Auge zu verlieren, und sie bei einem gewissen Signal sofort anzuhalten.

Die Wagen stehen vor der Tür, ich gehe in die Wohnung hinauf, der Umzug ist in vollem Gange. Das Haus ist vollgepfropft mit allen möglichen Gegenständen: Wanduhren, Kandelabern, etruskischen Vasen, Stoffen, Kaschmir, Leinwand, Musseline. Alle diese Waren waren in einer Kammer aufgestapelt, deren Tür hinter einem Schrank so geschickt versteckt

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Eugène François Vidocq: Landstreicherleben, Seite 328. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Landstreicherleben_328.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)