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daß sie mich von Menschen umgeben sahen, die früher unter ihnen gelebt und mit ihnen „gearbeitet“ hatten, und infolgedessen sie gut kannten. Die Verhaftungen, die ich im Jahre 1813 anstellte, waren nicht so zahlreich gewesen wie die des Jahres 1817, aber doch beträchtlich genug, um ihnen Angst einzuflößen.

In den Jahren 1814 und 1815 wurde ein Schwarm Pariser Diebe von den englischen Gefangenenpontons befreit, wo sie gehalten waren, und kehrte in die Hauptstadt zurück. Sie nahmen bald ihr früheres Gewerbe wieder auf. Das waren lauter Leute, die ich nie gesehen hatte, und so schmeichelten sie sich der Hoffnung, leicht meiner Wachsamkeit zu entgehen, zudem gingen sie mit einer Energie und Kühnheit sondergleichen ans Werk. In einer einzigen Nacht wurden in der Vorstadt Saint-Germain zehn Einbruchsdiebstähle begangen, sechs Wochen lang hörte man von nichts anderem reden als von Heldentaten dieser Art. Henry wußte sich gegen diese Bande nicht zu helfen und war der Verzweiflung nahe. Er lag ewig auf der Lauer, aber auch ich konnte nichts entdecken. Endlich konnte mir ein ehemaliger Dieb, den ich verhaftet hatte, einige Angaben machen, und in weniger als zwei Monaten hatte ich eine Bande von zweiundzwanzig Dieben hinter Schloß und Riegel, dann eine von achtundzwanzig, eine dritte von achtzehn und einige andere von zwölf, zehn, acht, ohne die einzelnen Diebe zu zählen und die große Menge der Hehler, die die Bevölkerung der Zuchthäuser vermehrten. Damals erlaubte man mir, in meine Brigade vier neue Agenten einzustellen; sie wurden aus der Zahl der Diebe rekrutiert, die den Vorteil hatten, die neuen Ankömmlinge früher gekannt zu haben.

Drei dieser Vertrauten: Goreau, Florentin und Coco-Lacour, die seit langem in Bicêtre saßen, baten inständig um Anstellung; sie behaupteten, vollkommen bekehrt zu sein und schwuren hoch und heilig, daß sie ehrlich vom Ertrag ihrer Arbeit leben wollten, das heißt, von dem Gehalt, das ihnen die Polizei aussetzen würde. Sie waren schon in früher Jugend auf die Bahn des Verbrechens geraten, und deshalb meinte ich, wenn sie wirklich

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Eugène François Vidocq: Landstreicherleben, Seite 366. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Landstreicherleben_366.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)