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Saarbrücken hütete zwar muthig und keck die Grenze und suchte den Feind über ihre geringe Zahl zu täuschen. Die Ulanen ritten bald mit, bald ohne Lanzen, bald mit Helm statt der Tschapka, bald in Stalljacken hinaus, um die franz. Vorposten glauben zu machen, es ständen ihnen viele Regimenter entgegen. Aber als am 2. August Frossards Armeekorps gegen Saar-brücken vormarschierte, um unter den Augen Napoleons und unter Mithilfe des kaiserlichen Prinzen Lulu, der selbst eine Mitraillese abfeuerte, die Saarlinie zu nehmen, musste die klein entgegenstehende Streitmacht weichen. Der in St. Ingbert laut hörbare Kanonendonner lockte mich auf die Saarbrücker Chaussee, auf welcher die bei uns liegenden Dragoner vorjagten. In Scheidt horte ich, Saarbrücken sei von den Franzosen genommen, über die Saar seien sie noch nicht gekommen, aber der Bahnhof von St. Johann brenne, die preussische Infanterie sei auf den Eschberg zurückgegangen und die am Halbberg und dem Rastpfahl stehende Artillerie könne nichts ausrichten.

Da kehrte ich schweren Herzens heim und musste meiner Frau sagen: es ist möglich, dass heute oder morgen die Franzosen da sind. Sie kamen nicht, wohl aber gehäufte preussische Kavallerie und am 4. August Abends die Siegesnachricht von Weissenburg. In einem grossen Kreise – denn seit Wochen fand ich mich Abends mit vielen anderen zusammen – hielt ich eine flammende Rede und warf beim Hurrah für die deutsche Armee meinen Hut in die Luft, dem alle anderen Hüte nachflogen.

Aber beim steten Gedanken an die nur 2 Stunden entfernt stehenden franz. Heermassen seufzten wir: käme doch endlich zur Kavallerie auch unsere Infanterie und Artillerie. Letztere zeigte sich am 5. August Abends; allerdings war es reitende Artillerie, gehörte also noch zu den vorausmarschierenden aufklärenden und verhüllenden Kavalleriedivisionen. Doch am 6. August rückte die Infanterie heran, das 52. Regiment, zum 3.(brandenburgischen) Armeekorps gehörig, welches die Avantgarde der 2. Armee unter Prinz Friedrich Karl bildete. Zu meinem Staunen zog gleichzeitig mit der Infanterie eine endlose Wagenkolonne mit fourage und manage

durch die Stadt. Ich stand auf eine Lücke in der Wagenkolonne

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Ernst Krieger: Lebenserinnerungen des Ernst Krieger, Seite 92. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lebenserinnerungen_(Krieger)_092.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)