Seite:Lenne-Lahn-Bahn 05.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

welchen die Bahn zu Gute kommt.[1] Wird dagegen von Haardt ausgegangen, so sind es von Tiefenbach aufwärts im oberen Siegthale 27 Ortschaften mit 6084 Einwohnern, welchen sie zu Theil wird.[2] Der Zahl der Anwohner nach müßte also die Entscheidung zu Gunsten von Haardt ausfallen.

Auch noch folgender Vergleich ist nicht ohne Interesse. Im Erndtebrücker Bezirk wird nur von einem einzigen Bahnhof die Rede sein können, bei Erndtebrück. Im oberen Siegthal dagegen sind 3 Stellen vorhanden, wo es sich sowohl für die Bahn, als die Gegend rentiren wird, Bahnhöfe anzulegen, nämlich bei Tiefenbach, Netphen und Deuz.

Aber nun entsteht schließlich noch die Hauptfrage, nämlich welche Wirkung die Führung der Bahn durch den Erndtebrücker Bezirk auf diesen Bezirk ausüben wird. Derselbe liegt mit seinem Bahnhofs-Punkte Erndtebrück 1561 Fuß über dem Meere und ist eine hohe und rauhe Gebirgsgegend, welche nach dem eigenen Geständnisse ihrer Vertheidiger beim Ackerbau „oft kaum die auf ihm ruhenden Steuern und Ablösungsrenten einträgt“. Wir wissen überdies von Liebrecht,[3] daß der Winter dort lang ist, der Schnee tief fällt und lange liegen bleibt. Alles was daher dazu dient, eine Gegend unwirthlich zu machen, ist dort vorhanden. Lägen nun noch unterirdische Schätze im Boden, so würden durch sie jene Mängel allenfalls aufgewogen; aber auch von diesen keine Spur!

Es liegt in der Natur der Sache, daß die Bahn nicht das Mittel ist, diese klimatischen und Boden-Verhältnisse zu bessern. Die Frage, ob sie daselbst industrielle Werke hervorrufen werde, hängt aber innig mit denselben zusammen. Es ist ein Ding der Unmöglichkeit, daß die Bahnen allenthalben industrielle Werke hervorrufen, überhaupt allenthalben Nutzen stiften. Es giebt sogar Gegenden, denen sie offenbar geschadet haben. Zwischen Bielefeld und Hamm, auf einer Strecke von 8 Meilen, ist die Gegend durch die Eisenbahn noch ärmer geworden. Sie hat beinahe ihre ganze zum Ackerbau erforderliche Arbeitskraft verloren. Die dortigen Bewohner fahren nämlich nach der Grafschaft Mark, um daselbst zu arbeiten. Im Paderborner Bezirk (von Lippstadt über Paderborn nach Carlshafen) ist

  1. Erndtebrück 1147 Einw., 4 Höfe mit 72 E., Benfe 112, Ludwigseck 9, Zinse 96, Röspe 13, Womelsdorf 177, Wingeshausen 632, Casimirthal 13, Aue 227, Schmalenberg 125, Berghausen 488, Birkelbach 333, Birkefeld 184, Schamäder 217, Mehlbach 14, Rohrbach 28, Lützel (im Kreise Siegen gelegen) 278. Die zum Amt Erndtebrück gehörenden Ortschaften, deren Wasser in die Lahn fließt, sind nicht mitgerechnet.
  2. Tiefenbach 340, Dreisbach 399, Niedernetphen 682, Obernetphen 433, Eckmannshausen 234, Herzhausen 276 u. 44, Oelgershausen 105, Frohnhausen 154, Ruckersfeld 110, Oechelhausen 117, Eschenbach 207, Afholderbach 158, Sohlbach 43, Brauersdorf 133, Obernau 91, Rauholz 137, Beienbach 146, Deuz 316, Griffebach 211, Nenkersdorf 268, Ober- und Nieder-Walpersdorf 380, Salchendorf 261, Helgersdorf 134, Werthebach 180, Irmgarteichen 226, Hainchen 298.
  3. Regierungsrath Liebrecht’s Topographisch-statistische Beschreibung des Regierungsbezirks Arnsberg S. 70, wo auch noch Weiteres über die Unwirthlichkeit dieser Gegend nachgesehen werden kann.
Empfohlene Zitierweise:
Die Lenne-Lahn-Eisenbahn und die beiden Kreise Wittgenstein und Biedenkopf, Siegen: Vorländer’schen Buchdruckerei, 1871, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lenne-Lahn-Bahn_05.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)