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und Journalisten und Politiker … Leute, die nur sehr mittelbar mit der Sache zu tun haben. Der Vorsitzende läßt sie reden. Er ist, hör es, o Deutschland, nur Leiter der Verhandlungen und kein Staatsanwaltsersatz. Die Stellung des französischen Verteidigers und die des deutschen … welch ein Unterschied! Dort ein geduckter Mann, der immer in leisem Verdacht der Mittäterschaft steht, von den strammen Vorsitzenden auch so behandelt wird und es sich gefallen läßt. Wie ja überhaupt das deutsche „Standesbewußtsein“ nie da funktioniert, wo es gefährlich wäre – etwa dem Brotgeber, dem vermeintlichen „Vorgesetzten“ gegenüber, sondern mehr auf Kongressen, in Reden und auf Wohltätigkeitsbällen. Dort also als Anwalt ein Mann Nummer sechs, hier eine Redefreiheit, die jedem deutschen Richter undenkbar vorkäme.

Es erscheinen nacheinander:

Antifascisten, die die Geschworenen über Italien aufklären, soweit das noch nötig ist – und immer sind die Geschworenen die Hauptpersonen, nicht der Vorsitzende, der zuhört, schweigt und zuhört. Der große Journalist Albert Londres erzählt von Verzweiflungsszenen, die er in Spanien gesehen hat, wo sich paßlose Emigranten vor den Türen der Konsulate herumwälzten; der etwas zweischneidige Arbeiterführer, Herr Jouhaux … und ei! wer kommt denn da –?

Fräulein Margueritte Durand. Sieht auch so aus. Wie ein französisches Gretchen Schulze: das ist die Dame, die mit Herrn Rossi nach der Schweiz gereist ist, wo er dann – wie der Zufall spielt! – von den Italienern im Auto verschleppt worden ist. So sieht das also aus, wenn die Spitzel Eros spielen lassen – hm. Eine spitze Nase, Fältchen um die Augen, ein böser Mund; hinter mir sagt eine Anwältin: „Sehen Sie sich die Frau an – gar nicht übel!“ aber Frauen haben ja Frauen gegenüber meist einen merkwürdigen Geschmack. Fräulein

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Kurt Tucholsky: Lerne lachen ohne zu weinen. Ernst Rowohlt, Berlin 1932, Seite 49. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lerne_lachen_ohne_zu_weinen_049.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)