Seite:Lerne lachen ohne zu weinen 342.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

– „Ich laufe ein wenig Gummi-Ski. Sie sprechen heute so ein schräges Deutsch?“

– „Ich muß es wohl. Es ist der Stil unsrer Zeit. Vorbei die karge Sachlichkeit; wir haben die neue Romantik entdeckt, sie bringt unsern Schriftstellern viel Geldes; es füllt die Spalten, mit Verlaub zu sagen. Was macht Francesco?“

– „Gestern brachte mir ein Telegraphenbube seinen fernmündlichen Brief. Nun also will er es ernstlich tun. Er will Kinder gründen.“

– „Er war Ihr Freund?“

– „Er war es. Vorbei. Ich bin eine Wolke von Zartheit und Hilfsbedürftigkeit, aber wenn mir dieses Stückchen Modder noch einmal in die Quere kommt …“

(Sie tritt sich in den Tüll)

– „Was werden Sie tun?“

– „Ein Feuilleton aus ihm machen. Ich kann nicht malen, das habe ich nicht gelernt. Ich kann keine Konzerte geben, das kostet viel Geld. Aber schreiben … schreiben kann jeder. Das wäre gelacht! Es ist angenehm, man braucht nicht dabei zu denken, und bezahlt wird es auch noch.“

– „Sie sprechen von der Liebe?“

– (fein spöttisch) „Sie waren wohl geistlich abwesend, meine liebe Frau Doktor Zeisig! Die Liebe! Mein Mann, der bekannte Pazifist zu Fuß, erinnerte mich stets an seine französische Freundin, die zu sagen pflegte: On fera l’amour – l’après-midi pour toi, le soir pour moi, le matin pour nous et la nuit pour les pauvres.“

– „Paris, das ist altes Spiel, meine Gute. London! New York! Die angelsächsische Rasse! Der Secks Appiehl! Neulich hörte ich in einem Dancing in Nizza einen armen kleinen Gigolo

Empfohlene Zitierweise:
Kurt Tucholsky: Lerne lachen ohne zu weinen. Ernst Rowohlt, Berlin 1932, Seite 342. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lerne_lachen_ohne_zu_weinen_342.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)