den Türken anschlossen. Der Zweck dieser Vereinigungen war, im ungleichen Kampf sich wenigstens von einem Feinde zu befreien. Aber auch diese diplomatischen Auswege haben schließlich und endlich zu keinem Erfolge geführt. Im Perejaslawer Vertrage vom Jahre 1654 vereinigten sich die Ukrainer mit Moskau als vollkommen selbständiger Staat auf Grund einer Personalunion, aber bereits im Jahre 1667 wurde die Ukraine im Adrussower Vertrage, nach geheimer Verständigung der Herrscher beider Staaten, unter Polen und Moskau geteilt. In dieser traurigen, schweren Lage trachteten die Ukrainer doch noch, mit Hilfe der Türken und Schweden sich gegen Polen und Moskau zu behaupten und ihre Selbständigkeit wiederzuerlangen; allein der Versuch scheiterte nach kurzer Unterbrechung an den für die Ukrainer ungünstig ausgefallenen Schlachten bei Zurawno (1676) und Poltawa (1709), welche das ukrainische Volk vollständig erschöpften und es seinen Gegnern hilflos auslieferten. Im Laufe des 18. Jahrhunderts wurden dann die ukrainischen Gebiete noch zu wiederholten Malen zwischen Türkei, Polen und Rußland geteilt, bis schließlich mit der Teilung Polens die ukrainischen Gebiete, mit Ausnahme von Galizien, zur Gänze an Rußland übergingen. Und damit wurde der große Weltkampf im Westen Europas endgültig zu Ende gebracht. Rußland gelangte nach vielen Bemühungen und Kämpfen in den Besitz der Ukraine und des Schwarzen Meeres, somit jener Gebiete, welche die Besitzungen des einst kleinen moskowitischen Fürstentums von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer erweiterten, und welche dem von Peter dem Großen begründeten russischen Reiche jene Machtstellung verschafften, die dasselbe im Osten Europas bis jetzt einnimmt.
Wenn man den jetzigen Weltkrieg, insbesondere mit Rücksicht auf dessen osteuropäischen Schauplatz, in Betracht zieht, so wird man nicht umhin können, der Analogie zwischen dem jetzigen Weltkriege und den geschilderten Kämpfen des Mittelalters
Eugen Lewicky: Die Ukraine der Lebensnerv Rußlands (= Ernst Jäckh (Hg.): Der Deutsche Krieg, 33). Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart u. Berlin 1915, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lewicky_Die_Ukraine_1915.pdf/11&oldid=- (Version vom 24.2.2022)