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Zersplitterung des Balkans mit seinen nationalen und konfessionellen Gegensätzen welche eine ununterbrochene Unsicherheit der Lage nach sich ziehen, ebenfalls nicht außer acht zu lassen. Es wird ganz gewiß noch ein längerer Zeitraum vergehen müssen, bis sich die internationalen Verhältnisse am Balkan insoweit klären, daß dort auf eine Beständigkeit der Verhältnisse mit Bestimmtheit zu rechnen ist.

Die Abtrennung ukrainischer Gebiete von Rußland und deren Angliederung als wirtschaftlich und politisch selbständiger Zwischenstaat an die europäischen Zentralmächte gibt daher eine viel sichrere Basis für die günstige Lösung der osteuropäischen Krisis als die ohnehin zweifelhaften Errungenschaften am Balkan, auf jenem Balkan, der schon längst von der europäischen Diplomatie, und mit Recht, als Wetterwinkel von Europa bezeichnet wird.

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Die moderne Staatspolitik ist ihrem Wesen nach nichts anderes als eine großzügige, über die Grenzen einzelner Staaten hinausreichende Wirtschaftspolitik, und es muß daher noch untersucht werden, welche wirtschaftlichen Folgen die Schaffung eines unabhängigen ukrainischen Staates nach sich ziehen würde.

Das Schwarze Meer spielte bereits im Mittelalter als Handelsverkehrsweg zwischen Europa und Asien eine hervorragende Rolle, welche Rolle ihm nur infolge ungünstiger politischer Verhältnisse auf einige Zeit genommen wurde. Kann den mitteleuropäischen Staaten nach der Niederreißung der russischen Mauer der Zugang zum Schwarzen Meere freigemacht werden, dann wird dem Schwarzen Meer neuerlich jene welthistorische Bedeutung zukommen, für die es wie geschaffen erscheint – als eines großen und bequemen Verkehrsweges zwischen Europa, Asien und Afrika,

Empfohlene Zitierweise:
Eugen Lewicky: Die Ukraine der Lebensnerv Rußlands (= Ernst Jäckh (Hg.): Der Deutsche Krieg, 33). Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart u. Berlin 1915, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lewicky_Die_Ukraine_1915.pdf/19&oldid=- (Version vom 24.2.2022)