Seite:Loehr Buch der Maehrchen 2.pdf/20

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„Daraus sollst du Deine Blumen begießen, sagte die Königin freundlich, so werden sie recht wunderschön blühen und riechen. Geh hin und komm wieder, ich werde hier noch eine kleine Weile bleiben.“

Da lief das Mädchen eiligst nach Haus und wollte der gütigen Königin den schönen Nelkenstock aus Dankbarkeit bringen, wenn es ihn erst würde getränkt haben.

Als das arme Kind aber in sein Kämmerlein kam, wo der Nelkenstock im Fenster gestanden, da war er fort, denn der garstige Wanst hatte ihn fortgenommen und versteckt, und statt desselben einen Kohlkopf hingestellt. Da wurde das Mädchen recht tief betrübt, denn es hatte sich so recht herzinnig drauf gefreut der gütigen Königin auch Etwas zu schenken.

Da es nun nichts Besseres hatte, nahm es den Silberring, und sagte der Königin, wie es mit dem Nelkenstock so gar übel ergangen sei.

Die Königin nahm den Ring an, und steckte denselben an ihren Finger, indem sie sagte: „Ich nehme den Ring von Dir, Du gutes Kind; und bleibe Du nur so sanft und fromm, und habe Geduld, nur noch eine kleine Weile, so wird schon Alles gut werden!“ Hierauf setzte sich die Königin in ihren prächtigen Wagen, und sechs schneeweiße Pferde flogen mit ihr so schnell davon, als ob sie Vögel wären.

Als nun das Mädchen wieder in sein Kämmerchen kam und den Kohlkopf noch im Fenster sahe, wurde sie auch einmal böse, weil ihm der garstige Wanst die Freude mit dem Nelkenstocke verderbt hatte, und warf recht unwillig den Kopf zum Fenster hinaus.

Da schrie es mit kläglicher Stimme: „Ach mir sind ja alle Ribben im Leibe zerbrochen – Ich bin ein Kind des Todes!“