Johann Andreas Christian Löhr: Das Buch der Maehrchen für Kindheit und Jugend, nebst etzlichen Schnaken und Schnurren 2 Einige Stückchen von Rübezahl | |
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daß sie sich selbst nicht kratze
und Andern kraun die Glatze. –
Die Zung und auch die Katze
zwingt Zauber Bannes Zug.
Nun, liebe Zunge, schwatze
und sprich verkehrten Spruch.“
Die Bauern hatten ihre Lust dran, daß der blöde Schüler so dreist und herzhaft geworden sei, und meinten, das habe ein guter Trunk gethan, und wenn man ihm erst noch beßer werde zugetrunken haben, dann müße die Lust mit ihm erst recht angehn.
Als nun der Schüler sich wieder auf die Ofenbank ruhig hatte niedergelaßen, bracht ihm ein Bauer ein volles Glas zu, und sprach: „Nun frisch! nun muß ich trinken, bis ich umfalle, oder es wird nicht gut abgehen!“
„So thut nur nach Eurem Gefallen; sagte der Student gelaßen.“
„Ja! sagte der Bauer barsch, nach Eurem Belieben sollt Ihr thun ganz und gar, und wenn mirs im mindesten einfiele, Euch dran zu hindern, – Herr! kurzum, da könnt es leicht kommen, Ihr zähltet mir Etwas auf.“
„Hanns, riefen die Andern, wie sprichst du denn so wunderlich?“ Einer aber, von dem sie dachten, er sei unter ihnen der Klügste, weil ers ihnen so oft vorgesagt und bewiesen hatte, sprach gar ernsthaft: „Laßt meinen ehrlichen Nachbar Hanns. Was hats da zu wundern? Ja! wenn mirs paßirte, der ich so ein stummer dummköpfiger Kerl bin. Aber der Hanns ist nun schon einmal ein Bißchen klüger, dem müßt Ihrs zu gut halten.
Die Bauern sahen einander voll Erstaunen an. Endlich sagte Einer: „Ich glaube, wir haben den Studenten abscheulich behext!“
Johann Andreas Christian Löhr: Das Buch der Maehrchen für Kindheit und Jugend, nebst etzlichen Schnaken und Schnurren 2. Gerhard Fleischer d. Jüng., Leipzig [1820], Seite 211. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Loehr_Buch_der_Maehrchen_2.pdf/229&oldid=- (Version vom 1.8.2018)